1.Samuel 6,21 warum Kirjat-Jearim?

Man könnte es ja für link halten, was die Leute von Beth-Schemesch da gemacht haben: den Bewohnern von Kirjat-Jearim die Bundeslade andrehen, nachdem Gott 70 Männer aus Beth-Schemesch getötet hatte.

Aber so schlimm war es nicht.

Die Menschen in beiden Städten wussten etwas, was in der Bibel an der falschen Stelle aufgeschrieben wurde, nämlich in Psalm 78. Ich zitiere die wichtigsten Stellen: Ps 78,59-60

59 Gott hörte es und ergrimmte, und er verwarf Israel völlig.

60 Er gab die Wohnung zu Silo auf, das Zelt, in dem er unter den Menschen wohnte.

Ps 78,67-68

67 Und er verwarf das Zelt Josefs, und den Stamm Ephraim erwählte er nicht,

68 sondern er erwählte den Stamm Juda, den Berg Zion, den er geliebt hat.

Ursprünglich stand die Bundeslade in der Stiftshütte, welche in Silo auf dem Gebiet von Ephraim angesiedelt war.1.Samuel 6

Die Bibel geht nun davon aus, dass Ephraim dadurch, dass das Heiligtum auf seinem Gebiet lag, auch eine besondere Verantwortung für die Beziehung zu Gott hatte. Das Heiligtum stand nicht zufällig in Ephraim, sondern weil Ephraim der Stamm mit dem Erstgeburtsrecht war, seit Ruben sein Erstgeburtsrecht verloren hatte und Jakob die Söhne von Joseph adoptiert hatte.

Und da gehörte es zum Führungsanspruch natürlich dazu, dass auch die Gottheit beim führenden Stamm wohnte.

Wenn aber die Gottheit bei diesem Stamm wohnt, dann hat dieser Stamm bezüglich der Gottheit auch eine besondere Verantwortung. Die hat Ephraim jedoch in keinster Weise wahrgenommen, und die Korruption von Elis Söhnen war da nur noch der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte.

Also ließ Gott es zu (oder half sogar ein bisschen nach), dass die Philister die Bundeslade, das Zeichen von Gottes Anwesenheit, im Kampf eroberten und die Juniorpriester, die Söhne des Eli, im selben Kampf ums Leben kamen und dass Eli tot umfiel, als er davon hörte.

Scheinbar hatte man diese Kündigung für Silo damals auch unmissverständlich als Kündigung für Ephraim verstanden, denn als die Philister die Bundeslade zurückbrachten, kam niemand von den Israeliten auf die Idee, die Bundeslade wieder nach Silo zu bringen.

Es war also niemand verwundert, dass die Bundeslade, als die Philister sie zurückbrachten, auf dem Gebiet von Juda landete. Woher die Leute wussten, dass die Führungsrolle ab jetzt Juda zugedacht war, wissen wir nicht. Die Prophezeiungen von Mose und Jakob sind hier nicht zwingend.

Die Philister gingen übrigens davon aus, dass es ein Gottesurteil war, dass die Bundeslade in Beth-Schemesch landete. Nachzulesen in 1.Sam 6,8+9.

Die Leichen in Beth-Schemesch

Kirjat-JearimLeider machten die Leute von Beth-Schemesch den Fehler, dass sie die Bundeslade auf einen Felsen stellten, sodass jeder sie anschauen, ja im Grunde genommen begaffen konnte. Man hätte sie sogar als Götzenbild verstehen können, so dass man sich vor ihr verneigt oder die Opfer, welche an diesem Tag gebracht wurden, in Richtung auf die Bundeslade bringt.

Dieses widersprach dem grundsätzlichen Umgang mit der Bundeslade, wie er in Numeri 4,17-20 beschrieben ist. Der Irrtum der umliegenden Völker, die sich einen unsichtbaren Gott nicht vorstellen konnten und darum dachten, dieser Kasten wäre der Gott Israels, sollte in Israel keinen Raum finden. Eine Verehrung von etwas dinglichem als Gott war für Israel übelster Götzendienst.

Gott bestrafte die Stadt Beth-Schemesch, indem er 70 ihrer Männer sterben ließ. Der Zusammenhang zwischen dem Tod dieser Männer und dem Vorhandensein der Bundeslade war scheinbar offensichtlich.

Es spielt hier übrigens keine Rolle, ob die Leute von Beth-Schemesch die entsprechenden Anweisungen des Gesetzes und den dahinter stehenden Sinn kannten. Auch als David die Bundeslade auf einen Wagen stellte, um sie nach Jerusalem zu bringen, weil er die Anweisungen mit den Tragstangen offenbar nicht kannte, musste Usa sterben, als er die Bundeslade anfasste, um sie vor dem Umkippen zu bewahren. Die Heiligkeit Gottes wird nicht durch Unwissenheit zunichte gemacht.

Zum Schluss also Kirjat-Jearim

Weil die Einwohner von Beth-Schemesch nun genug hatten von der Bundeslade, verlangten sie von der nächstgelegenen Stadt auf dem Gebiet von Juda, dass diese die Bundeslade übernehmen sollten. Und die Einwohner von Kirjat-Jearim stellten die Bundeslade auch nicht in der Öffentlichkeit aus, sondern brachten sie in ein Haus. Dort blieb die Bundeslade mangels einer Alternative 20 Jahre lang, bis David sie nach Jerusalem holte, wo er ein extra Zelt für die Bundeslade aufgebaut hatte, während die Stiftshütte wohl – ohne Bundeslade – erst nach Nob und dann nach Gibeon umzog.