Demokratische Gemeindeleitung
Wir befinden uns in der Zeit, als David vor König Saul ständig auf der Flucht war. Als diese Episode hier beginnt, versteckt er sich gerade in einem großen Waldstück in Juda.
1.Sam 23,1-5
1 Und man berichtete David: Siehe, die Philister kämpfen gegen Keïla und plündern die Tennen.
2 Da befragte David den HERRN und sagte: Soll ich hinziehen und diese Philister schlagen? Und der HERR sprach zu David: Zieh hin und schlage die Philister und rette Keïla!
3 Aber die Männer Davids sagten zu ihm: Siehe, wir fürchten uns <schon> hier in Juda, und wie sollten wir gar nach Keïla gegen die Schlachtreihen der Philister ziehen?
4 Da befragte David wieder den HERRN, und der HERR antwortete ihm und sprach: Mach dich auf und zieh nach Keïla hinab! Denn ich will die Philister in deine Hand geben.
5 Und David zog mit seinen Männern nach Keïla und kämpfte gegen die Philister und trieb ihr Vieh weg und brachte ihnen eine große Niederlage bei. Und so rettete David die Bewohner von Keïla. –
Wenn wir heute von „Leitung“ reden, dann geht es in diesem Abschnitt um die Frage: „Auf wen hört die Leitung?“
Dass die Angst ein schlechter Ratgeber ist, ist allgemein bekannt, wenn dieses Wissen auch nicht sehr oft angewandt wird. Wenn man außer der Angst keinen anderen Ratgeber hat, nutzt einem das Wissen um die schlechten ratgeberischen Fähigkeiten der Angst auch nichts. Wenn man nur einen hat, der einem raten kann, dann hat man nicht viel Auswahl.
David hat hier nicht nur seine ängstlichen Männer als Ratgeber. Er kennt einen zweiten.
Und der Rat, den hier die Mehrheit gibt, ist falsch. Er gibt zwar die Stimmung der Mehrheit richtig wieder – die Mehrheit hat Angst, sie will nicht kämpfen, sie ist miserabel motiviert - aber die Stimmung der Mehrheit gibt nicht den Willen Gottes wieder. Und damit ist die Meinung der Mehrheit falsch.
Volksnah und demokratisch
Wenn die Gemeindeleitung auf die Gemeinde hört, gilt das als ungeheuer freundlich und demokratisch. „Volksnah“ nennt man es, wenn die politische Regierung auf das Volk hört.
Ich bin dagegen. Die Gemeindeleitung sollte nicht auf die Gemeinde hören, sondern auf Gott. Bei wirklich wichtigen Fragen sind Abstimmungen das falsche Mittel. Denn dass die Mehrheit aufgrund einer richtigen Motivation entscheidet, ist nicht der Regelfall.
Natürlich garantiert uns niemand, dass die Mehrheit der Gemeinde immer unrecht hat. Das Gegenteil garantiert uns aber auch niemand.
Und die Geschichte ist noch nicht zu Ende. So geht sie weiter.
Gesunder Menschenverstand
Als König Saul gehört hatte, dass David in Keila war, war er sicher, dass er David dort kriegen würde, denn Keïla hatte eine Stadtmauer, was bedeutete, dass man diese Stadt ziemlich gut belagern konnte und David nicht einfach so übers freie Feld flüchten konnte. Saul mobilisierte alle Kämpfer, die er mobilisieren konnte, um David in Keila fangen und töten zu können. Das wiederum erfuhr David, und er verhandelte die Sache mit Gott.
1.Sam 23,10-13
10 Und David sprach: HERR, Gott Israels! Dein Knecht hat als gewiss gehört, dass Saul danach trachtet, nach Keïla zu kommen, um die Stadt um meinetwillen zu verderben.
11 Werden die Bürger von Keïla mich in seine Hand ausliefern? Wird Saul herabziehen, wie dein Knecht gehört hat? HERR, Gott Israels, lass es doch deinen Knecht wissen! Und der HERR sprach: Er wird herabkommen.
12 Und David fragte <weiter>: Werden die Bürger von Keïla mich und meine Männer in die Hand Sauls ausliefern? Der HERR sprach: Sie werden <dich> ausliefern.
13 Da machten David und seine Männer sich auf, etwa sechshundert Mann, und sie zogen aus Keïla fort und streiften umher, von einem Ort zum anderen. Und es wurde Saul berichtet, dass David aus Keïla entkommen sei. Da ließ er davon ab, <gegen ihn> auszuziehen.
Der gesunde Menschenverstand hätte jetzt gesagt, dass die Einwohner von Keila David ihre Dankbarkeit dafür erweisen, dass er sie vor den Philistern gerettet hat. Die Vernunft würde sagen, dass die Einwohner von Keila nicht so dumm sind, auf die Rettung durch David damit zu reagieren, dass sie ihn an Saul ausliefern, der überhaupt nicht daran dachte, ihnen zu helfen, während David für sie gekämpft hat. Ja, noch mehr: Es ist doch nicht anzunehmen, dass Saul sich die Blöße gibt, dass er keinen Finger rührte, als Keila von den Philistern bedroht wird, aber eine Mobilmachung anordnet, als David sich in Keila aufhält, nachdem er es gerettet hat.
Jeder, der einen klaren Verstand hat und ihn benutzt, wird wissen, dass die Leute von Keila sich nicht die Möglichkeit verderben, dass David ihnen auch beim nächsten Mal aus der Klemme hilft.
Und schließlich: Keila liegt in Juda. Wie wahrscheinlich ist es denn, dass Saul eine Feldzug anzettelt gegen eine Stadt, die mitten in seinem Land und damit in seinem Herrschaftsbereich steht?
David pfeift auf den gesunden Menschenverstand, die Vernunft und die Wahrscheinlichkeit. Er fragt Gott.
Folgerungen für die Gemeindeleitung
Wenn wir von Leitung im Volk Gottes reden, dann muss sich die Leitung dadurch auszeichnen, dass sie ihr Ohr nahe bei Gott hat. Sie muss Gott fragen können, so dass er hört, und sie muss seine Antworten verstehen, ohne allzuviel raten zu müssen.
Die unverzichtbare Qualität einer Gemeindeleitung muss sein, dass sie zuerst Gott fragt und nicht die Mehrheit oder den gesunden Menschenverstand oder die Vernunft oder die Erfahrung oder die Wahrscheinlichkeit. Nicht, dass sie alle diese Elemente außen vor lassen soll. David war ja auch nicht hirnlos.
Aber vor allem anderen muss eine Leitung in der Lage sein, Weisung von Gott entgegen zu nehmen. Denn sonst erhält sie Weisung von der Angst, der Sorge, der Mehrheit, der Wahrscheinlichkeit und all den Dingen, die so laut brüllen, aber so selten recht haben.