Nehemia 3 - Ach wie strukturiert!

Es war mal eine Zeit lang unter ganz arg erweckten Christen modern, dass man sich auf eine Predigt nicht vorbereitete.

Weil das sonst ja nicht vom Heiligen Geist gewesen wäre.

Sondern man stellte sich dann Sonntags vor die Gemeinde und erzählte dann, „was der Heilige Geist einem gerade eingab“.

Denn, das ist Ihnen hoffentlich klar: Donnerstags abends spricht der Heilige Geist nicht, so dass man sich Donnerstags etwas vom Geist eingeben lassen könnte, was man dann, ordentlich formuliert und strukturiert, Sonntags vortragen kann.

Von dieser Weltsicht her betrachtet, war Nehemia sehr ungeistlich.Nehemia 3

Anstatt davon auszugehen, dass der Herr schon genügend Holz geben würde, wenn man erstmal in Jerusalem wäre, und dass der Herr einem schon den Weg bereiten würde bis nach Jerusalem, erbat Nehemia sich vom König eine schriftliche Vollmacht, also im Grunde Visa, für den Weg nach Jerusalem, und einen Anweisung für den königlichen Holzhändler, dass er in Jerusalem Holz rausrücken sollte. (Nehemia 2,7+8)

Wo Abraham noch die Eier hatte, zu Isaak zu sagen, Gott werde im richtigen Moment für ein Opfertier sorgen (Genesis 22,7), da verlangt Nehemia nach einem amtlichen Papier.

Und das alles mehr als 3 Monate, bevor er in Jerusalem eintraf, und mehr als 1000 Kilometer vom Ziel entfernt.

Sehr ungeistlich! Als wenn der Herr nicht helfen könnte!

Verzögerung

Als Nehemia dann in Jerusalem angekommen war, da fing er nicht etwa zu bauen an. Da sammelte er auch nicht die Bewohner um sich und sagte: „Los, wir fangen an!“

Dafür war er doch extra gekommen! Zum Bauen!

Statt dessen machte er Nachtwanderungen und stellte erstmal den genauen Zustand der Mauer fest. Der kletterte sogar – nachts! – an den Abhängen zum Bach herum, um alles genau zu untersuchen! (Nehemia 2,13-15).

Das fehlende Anfangsgebet

Wenn Sie glauben, dass als nächstes eine apostolische Konferenz folgt, in der die Not­wendigkeit des Bauens in Predigten und Äußerungen des Geistes dargelegt wird, dann irren Sie sich sehr.

Auch auf einen Gebetsmarathon, um den Segen des Herrn herabzuflehen auf das Werk, warten Sie vergebens.

Eine vorausgehende Fastenaktion? Fehlanzeige.

Eine Einsegnung der Bauarbeiter und eine Segnung der Schaufeln? Nicht die Spur.

Eine Morgenandacht vor Arbeitsbeginn und eine geistliche Besinnung zur Mittagspause? Vergessen Sie es.

Statt dessen ein Plan. Seitenweise vollgeschriebenes Papier. Eine genaue Einteilung derer, die mitbauen wollen, mit exaktem Einsatzort. So genau, dass kein Meter der Stadtmauer vergessen wird – und die ist lang!

32 Verse in unserer Bibel ist die Einteilung lang. Langweilig ohne Ende. Anstatt dynamisches Wehen des Geistes gähnende Langeweile.

Multitasking

Als die Statthalter der Umgebung merkten, dass das mit der Mauer tatsächlich etwas wurde, da rotteten sie sich zusammen, um das Gelingen der Baumaßnahme mit ganz primitiver Gewalt zu verhindern.

Und was macht Nehemia? Ruft er zu einem Bußgebet auf? Lässt er beten und fasten oder Bibelverse rezitieren, um dem Feinden zu wehren?

NeuenheimNein, Nehemia hat von wahrer Frömmigkeit keine Ahnung. Er kommandierte einen Teil der Bauarbeiter ab, dass sie jederzeit die schweren Waffen verteilen konnten. Und die restlichen Bauarbeiter waren bewaffnet, und die Lastenträger, die ja immer mit einem Überfall aus dem Hinterhalt rechnen musste, trugen nur noch mit einer Hand und hielten in der anderen ihr Schwert.

Zudem wurde ein Alarmplan ausgearbeitet und allen bekannt gegeben. (Können Sie alles nachlesen in Nehemia 4, 10-14).

Am Ende haben die Feinde nicht angegriffen. Warum wohl nicht? Wegen der Gebetskraft des Volkes, oder weil sie Angst vor Gott hatten?

Nein, der strukturierte Aufbau der Verteidigung hat gegriffen.

Ehre wem Ehre

Die Frechheit war ja dann, dass man in Kapitel 6,16 schrieb, dass die Mauer von Gott aus gebaut worden war. Das verdreht die Tatsachen ja nun doch erheblich:

  • Nehemia hatte das Holz besorgt
  • Der König hatte die Visa besorgt
  • Nehemia hat den Zustand der Mauer untersucht und den Plan gemacht
  • Die Bewohner Judas haben geschleppt und gemauert und betoniert
  • Nehemia hat die Verteidigungsstrategie entwickelt.

Was hat also Gott gemacht?

Auf den ersten Blick nichts.

Die ganz Frommen würden sagen: „Gott hat die Wege geebnet und die Sache gesegnet.“ Denn die Frommen lesen meistens den Text nicht ordentlich. Sonst hätten sie gemerkt, dass von geebneten Wegen keine Rede sein konnte und der Segen eher spärlich ausfiel.

Nein, Gott hatte vor vielen Jahren eine Verheißung gegeben oder auch ein paar mehr.

Und in Nehemia hat sich jemand gefunden, der Gott ernst nahm.

Gott macht es nicht selber.

Auch Jesaja hat, als Gott fragte, wen er senden soll, nicht gesagt: „Geh doch selber“.

Ebenso hat Paulus nicht gewartet, dass Gott das Evangelium unter die Völker bringt.

Mit Nehemia hat Gott jemanden gefunden, der wusste, dass Planung, Organisation, Regeln, Kontrolle und ein Notfallplan entscheidende Dinge für den Bau des Reiches Gottes sind.

Auch Jesus hat eine Struktur von 12 Aposteln geschaffen, und Paulus hat Älteste einsetzen lassen und nicht gesagt „hört auf den Heiligen Geist, dann läuft es von alleine!“

Es gab in Jerusalem sicher eine ganze Reihe Menschen mit großem Glauben, enormer Gottesliebe und beachtlicher Hingabe. Aber dadurch geschah erstmal gar nichts. Man baut das Reich Gottes nicht allein mit Frömmigkeit und heiligen Gefühlen und bibeltreuen Überzeugungen und sonst nichts.

Fazit

Wenn Sie das nächste Mal jemanden sehen, der Gemeinde oder Mission betreiben will mit Ordnung und System, mit Planung und Kontrolle, mit Struktur und Gliederung, dann verzichten Sie darauf, demjenigen mangelnden Glauben vorzuwerfen.

Ein großer Glaube kann sich auch darin zeigen, dass man es wagt, einen Plan für so eine große Sache auszuarbeiten.

Es gibt Leute, die verwechseln „Heiliger Geist“ mit Chaos, Unorganisiertheit und Planlosigkeit.

Aber selbst Gott hatte so etwas, das wir heutzutage den „Heilsplan“ nennen.

Man sperrt Gott nicht aus, wenn man plant und vorbereitet.

Aber vielleicht sperrt man Gott aus, wenn man gar nicht weiß, was man für ein Ziel hat – und deshalb natürlich keinen Plan machen kann.