Richter 2,1-3 Warum der Engel Gottes gereist ist

Dass der Engel des Herrn vorher in Gilgal war, kann man in Josua 5 nachlesen.

Und dort in Gilgal war alles klar gewesen: die Israeliten hatten durch die Beschneidung den Bund Gottes mit Abraham erneuert, sie hatten danach mit dem Passahfest den Bund Gottes mit Mose erneuert. Anschließend hatte der Engel Gottes sich an ihre Seite gestellt, um mit den Israeliten zu kämpfen, und mit dem Fall von Jericho machte Gott klar, dass tatsächlich das gesamte gelobte Land den Israeliten zufallen sollte.

Allerdings sollten die Israeliten dafür kämpfen. U.a. um zu zeigen, dass ihnen das gelobte Land wichtig ist. Wie wichtig einem Menschen eine Sache ist, sieht man daran, was er dafür zu tun bereit ist.

Nun waren aber ca. 40 Jahre nach der Eroberung Jerichos nach etwa 50% des besiedelbaren Landes in den Händen der Kanaaniter. (Und daran hat sich auch nichts geändert, bis David König war.)

Und der Engel Gottes beschwert sich nun, dass die Israeliten „einen Bund mit den Kanaanitern“ gemacht haben, bzw. deren Altäre stehen gelassen haben.

Nun muss man sich unter diesen Bündnissen keine hochpolitischen Dinge vorstellen. Die Israeliten waren einfach nach der Maxime „leben und leben lassen“ vorgegangen. Wenn Ihr, die Kanaaniter, uns nichts tut, tun wir Euch auch nichts. Friedliche Koexistenz.

Zum Teil hatte man die Kanaaniter auch fronpflichtig gemacht, d.h. die Kanaaniter mussten dafür bezahlen, dass sie im Land bleiben durften. Oder man hatte sie zur Zwangsarbeit verpflichtet – damit hatte man jemanden für die Drecksarbeit.

Und die Altäre der Kanaaniter, die störten doch nicht. Man gewann doch nichts, wenn man die zerstörte. Die standen sowieso immer an Stellen, wo keine Erdbeeren wuchsen.

Also gelobtes Land ja, aber man muss es doch nicht übertreiben.

Hauptsache gelobtes Land, aber ein Teil reicht ja auch.

Hauptsache gelobtes Land, also eine segensmäßige Grundversorgung, aber Gottes Schokolade brauchen wir nicht.

Hauptsache ich komme in den Himmel, aber wozu Heiligung?

Hauptsache Christ, aber wozu brauche ich Geistesgaben?

Hauptsache gerettet, aber man muss ja nicht gleich ein Glaubensheld werden.

Im Kopf eines Christen ist gelobtes Land. Zwischen den Ohren eines Gläubigen ist Reich Gottes. Da sollte Gott herrschen, und nur er. Da sollte Gott den Ton angeben.

Und alle die Leute, die da nicht mehr zu wohnen haben, die soll man rausschmeißen. Alle die Einflüsse, die sich da in der Vergangenheit eingenistet haben, die muss man jetzt vergraulen.

Und die Altäre des Geldes und der Sorgen und der politischen Befürchtungen haben aus meinem gelobten Land ebenso zu verschwinden wie der Altar meiner ganz besonderen Besonderheit.

Unter den evangelikalen Christen wird oft gesagt, wenn ein Mensch unter einem seelischen Einfluss leidet oder unter bestimmten Gedanken, oder wenn ein vor längerer Zeit stattgefundener Schicksalsschlag das Leben nachhaltig bestimmt, dass das das Kreuz sei, das der Herr einem auferlegt hat und das man in Demut zu tragen habe.

Aber Richter zwei macht ganz klar: Wer im gelobten Land nicht zu den neuen Bewohnern gehört, den will Gott da nicht mehr haben. Es ist keineswegs Gottes Wille, dass wir unsere seelischen und biografischen Lasten demütig tragen, sondern dass wir sie rausschmeißen.

Und beten, so sagt der Engel Gottes in Vers 3, hilft da gar nichts. Sondern wir müssen aktiv kämpfen. Wir müssen alles tun, um das Zeug aus unserem Kopf zu entfernen, das da nicht mehr reingehört. Und wenn wir kämpfen, dann wird Gott mit uns kämpfen.

Aber wenn wir keinen Finger rühren, wird Gott auch keinen rühren.

Uns sind als Christen viele schöne Dinge von Gott versprochen worden: Dass unsere Freude vollkommen sein wird, dass die Wahrheit uns frei machen wird, dass alle Dinge zu unserem Vorteil dienen müssen, und dass wir uns nicht zu sorgen brauchen, denn Gott sorgt für uns. Das ist gelobtes Land im dritten Jahrtausend.

Aber wenn man die Kanaaniter drin wohnen lässt, dieses gottlose Pack, dann ist natürlich Essig mit dem gelobten Land.