Daniel 9,24 zählen Sie nicht!

Der Prophet Daniel hat ja gezählt.

Nämlich die 70 Jahre, von denen Jeremia geschrieben hatte, dass das Exil der Juden so lange dauern würde.

Und nun merkte Daniel, dass diese 70 Jahre mehr oder weniger um waren.

Und also wurde er bei Gott vorstellig, wies auf die abgelaufene Zeit hin und forderte Gott auf, dieses Versprechen zeitnah einzulösen und das zerstörte Gottesreich wieder herzustellen.

Daraufhin erscheint jetzt der Erzengel Gabriel und erklärt dem Daniel, dass das Ende der 70 Jahre leider keine vernünftige Lösung ist.

Es macht keinen Sinn, die Bausubstanz von Jerusalem wieder herzustellen, die Leute zurückzuschicken und dann weiter zu machen wie bisher.

Denn Geschichte wiederholt sich.

Und alle 500 Jahre das gleiche Theater, das war keine Lösung, die Gottes würdig ist.

Die neue Zeitangabe

Also teilt der Erzengel dem Daniel jetzt die neue zeitliche Planung mit.

Und die neue Planung sieht nicht 70 Jahre vor, sondern 70 Siebenheiten.

Ja, sehr richtig, Ihre Bibel schreibt an dieser Stelle wahrscheinlich „Wochen“ anstelle von „Siebenheiten“.

Im hebräischen Text steht aber „Siebenheiten“ oder „gesiebnete Zeit“, was allerdings an einigen Stellen des alten Testamentes tatsächlich eine „Woche“ meint.

Zum Beispiel 1.Mose 29,27-28

27 Vollende die <Hochzeits>woche <mit> dieser! Dann wollen wir dir auch jene geben, für den Dienst, den du bei mir noch weitere sieben Jahre dienen sollst. 

28 Und Jakob tat so und vollendete die <Hochzeits>woche <mit> dieser. Dann gab er ihm seine Tochter Rahel zur Frau. 

Dass hier in Daniel 9,24 mit „Siebenheit“ nicht eine gewöhnliche Woche gemeint sein kann, ergibt sich nicht aus dem Wort an sich, denn das Wort kann selbstverständlich „Woche“ heißen.

Sondern es ergibt sich aus dem Inhalt:

  • Wenn anstatt der 70 Jahre 70 Wochen anzusetzen gewesen wären, wäre Jerusalem längst wieder aufgebaut. Die Zeit wäre längst rum gewesen, denn 70 Wochen sind nur eineinhalb Jahre.
  • Die Ereignisse von Vers 26 und 27 lassen sich kaum zwischen Montag und Sonntag quetschen.

Die armen Bibelübersetzer

Nun wollten die Bibelübersetzer aller Zeiten ihren Kunden natürlich einen verständlichen Text bieten.

Und die Endzeitspekulanten brauchten einen vernünftigen Wert, mit dem sie rechnen konnten.

So hat sich irgendwann die Meinung breit gemacht, hier müssten „Jahrwochen“ gemeint sein.

Also Wochen, die nicht aus Tagen bestehen, sondern aus Jahren.

Was sich auch ganz hübsch anbot, weil in der jüdischen Zeitrechnung immer nach 6 Jahren ein Sabbatjahr kam, also der Ablauf der Jahre einem ähnlichen Muster unterlag wie der Ablauf der Tage.

Und mit 70 mal 7 Jahren ließ sich auch wunderbar rechnen, da bekam man die Kreuzigung Jesu und ähnlich zentrale Ereignisse prima rein.

Klingt nett, oder?

Dummerweise hat man übersehen, dass nach 7 Sabbatjahren eine Jobeljahr kommt, und dass damit die Berechnung von Tageswochen nicht auf die Berechnung von Jahrwochen übertragen werden kann.

Oder man muss in die Rechnung der Jahrwochen noch 10 zusätzliche Jahre einfügen, denn immer nach 7x7 Jahren fiel ein zusätzliches Jahr an.

Man darf nicht zählen und nicht rechnen

Nun ist der Wert, den Gabriel hier nennt, ja nicht irgendeine Zahl.

Sondern es ist eine heilige Zahl.

7 x 7 x 10.

Die Zahl der göttlichen Vollkommenheit mal die Zahl der göttlichen Vollkommenheit mal die Zahl der großen Menge.

490.

Die Zahl 70 x 7 kommt auch in Matthäus 18,22 vor, und auch da darf man sie nicht zählen.

Der Sinn ist dort nicht, dass Petrus 490 mal vergeben soll, und anschließend darf er seinen Rachefeldzug starten.

Sondern der Sinn dort ist, dass Petrus vergeben soll, wie Gott vergibt. Denn 490 ist eine der göttlichsten Zahlen, die es gibt.

Sie dürfen also mit der 490 nicht rechnen, und sie dürfen die 490 nicht zählen.

Das dürfen Sie ja mit den 144.000 (12 x 12 x 10) auch nicht machen.

Und mit den 666 auch nicht. (Die sind zu nah an der 777.)

Und so weiter. Auf diesem Internetauftritt gibt es im Lexikon unter dem Buchstaben Z eine Aufstellung all der Zahlen, die in der Bibel nicht zum Rechnen gedacht sind, sondern eine inhaltliche Aussage machen.

Was Gabriel eigentlich sagen wollte

Daniel war in Sorge, dass Gottes Reich nicht wieder aufgebaut wird.

Unter anderem darum, weil die Juden es wirklich nicht verdient hatten.

Und Gabriel teilt Daniel jetzt mit, dass Gott einen Plan hat.

Einen genauen Plan.

Einen heiligen Zeitplan.

Der Plan ist von so einer Heiligkeit, dass er nicht nur Jerusalem wieder aufbaut und die früheren Verhältnisse wieder herstellt, sondern dass er für absolutes Heil sorgt.

Für die Wiederherstellung des Paradieses.

Das ist kein irdischer Plan mit irdischen Zeiten zur Wiederherstellung irdischer Verhältnisse.

Das ist ein göttlicher Plan, der sich jeder Berechnung durch die Hirne menschlicher Mathematiker widersetzt.

Ein Plan, der außerhalb der universellen Zeit steht, weil Gott selber außerhalb der universellen Zeit steht.

Und ja, lieber Daniel: Gott hat einen Plan. Er hat sein Reich nicht vergessen.

Aber Du, lieber Daniel, dachtest an den Wiederaufbau des Vorherigen.

Gott denkt größer.

Viel größer.

Und Gott denkt schon gar nicht in „Zeit“. Oder in Jahren. Oder in Jahrzehnten.

Gott denkt in Qualität, in Eigenschaften.

Nicht die Jahre müssen sich ändern und nicht die Zeitabläufe. Sondern das Wesen der Dinge muss sich ändern.

Hören Sie auf zu rechnen!

Wenn Sie in Büchern oder im Internet recherchieren, werden Sie eine ganze Menge Rechnungen bezüglich Daniel 9,24-27 finden, die zu einem passenden Ergebnis kommen.

Vergangene Geschichte ist da auch recht flexibel, und irgendwo passen die 490 Jahre (bei denen die Jobeljahre fehlen! Kreisch!!) schon rein.

Es gibt genügend Personen in der Weltgeschichte, die hier für einen der Gesalbten herhalten können. Ganz egal, in welchem Jahr man den Befehl zum Aufbau Jerusalems ansetzt, man kann das am Ende immer passend machen.

Und die allermeisten Leser werden diese Rechnungen auch gar nicht kontrollieren und recherchieren. Die Gläubigen wollen, dass es passt, nicht, dass es wahr ist. Denn wenn es passt, bestätigt es mein Weltbild. Folglich kann man bei den Berechnungen auch mit recht steilen historischen Behauptungen arbeiten, weil man davon ausgehen kann, dass es ohnehin kaum jemand kontrollieren wird.

Ergebnis:

Was Sie diesem Artikel und der Menge der unterschiedlichen Rechnungen jetzt vielleicht entnommen haben:

Jeder, der hier rechnet, rechnet falsch.

Jeder, der hier zählt, hat sich verzählt.

Wir haben hier einen typischen Fall von Matthäus 13,13 und den vielen Parallelstellen dazu. Wo Gott nämlich zu Protokoll gibt, dass er seinen Willen so von sich gibt, dass die Meisten denken, sie haben ihn verstanden, und genau das war der Sinn: Sie sollten denken, sie haben es verstanden.

Aber Gott will gar nicht, dass alle ihn verstehen.

Sondern die, die Gott lieben, die sollen den Willen Gottes verstehen.

Die, die sich Gott tatsächlich unterordnen, die sollen den Willen Gottes verstehen.

Für den Teufel soll der Wille Gottes unverständlich bleiben, ohne dass der Teufel das merkt.

(Darum konnte die Kreuzigung und Auferstehung Jesu ja gelingen. Weil der Teufel es nicht gerafft hat. Obwohl er Zutritt zum Himmel hatte.)

Und all die kleinen Teufelchen und all die mickrigen Gottesgegner sollen es ebenfalls nicht verstehen, sollen aber nicht merken, dass sie es nicht verstehen.

Und für solche Leute hat Gott eine ganze Reihe wunderbarer Rechenaufgaben, an denen diese Leute sich abarbeiten können.

Und sich hinterher saumäßig klug fühlen, weil sie Gottes Rätsel gelöst haben.

Die, die wirklich klug sind, haben hier gar nicht erst mit Rechnen angefangen.