Jesaja 51,1-8 – Klärendes Schreiben
Weil ich überhaupt nicht verstanden hatte, was dieser Text sagen wollte, darum habe ich nun zwei Briefe geschrieben: Einen an die durchschnittlichen Gläubigen, und einen an die Freaks, die 100%igen, die Gebetsschwestern, die Superfrommen. Beide Briefe finden Sie in diesem Artikel.
Sehr geehrte Israeliten,
es gibt einige unter euch, die meinen, Jesaja habe ihnen in Kapitel 51 eine Botschaft zukommen lassen.
Wie man sich doch irren kann.
Denn Jesaja 51 beginnt mit Jesaja 51,1
1Hört auf mich, die ihr der Gerechtigkeit nachjagt, die ihr den HERRN sucht!
Die Anrede geht nicht an die Leute, welche die Gerechtigkeit Gottes befürworten.
Die Anrede geht auch nicht an diejenigen, die applaudieren, wenn Gottes Gerechtigkeit sich durchsetzt.
Sondern die Botschaft richtet sich an die, die der Gerechtigkeit Gottes „nachjagen“.
Es gibt hier nichts zu hören für solche, die für Gottes Gerechtigkeit sind.
Denen, die wirklich nichts dagegen haben, wenn Gottes Gerechtigkeit sich durchsetzt, wird hier keine Information geboten.
Die Adressaten sind hier die gleichen, die in der Bergpredigt „hungern und dürsten“ nach der Gerechtigkeit.
Es reicht an dieser Stelle nicht, auf Gottes Seite zu sein.
Es genügt nicht, Gottes Gerechtigkeit zu akzeptieren.
Die Leidenden
Die Botschaft richtet sich deshalb nur an die 5% Hardcore-Gläubigen, weil die besonders an der Situation in der babylonischen Gefangenschaft leiden.
Ihr anderen, ihr habt vielleicht Heimweh.
Ihr vermisst vielleicht die Heimat.
Euch ärgert es vielleicht, dass der babylonische König euch Vorschriften macht.
Aber den Freaks geht es ja nicht um ihre persönliche Situation.
Denen geht es um Gott.
Die kennen die Zusagen an Abraham und die Erzählungen über Mose, und die fragen sich jetzt, ob die Verheißungen Gottes überhaupt stimmen.
Und falls nicht: Brauchen die dann einen neuen Gott?
War das dann alles falsch?
Oder haben sie einen Verlierer-Gott, der seine Absichten nicht durchsetzen kann?
Erste Botschaft
Und darum sagt Gott diesen 100%igen und nicht euch, ihr Mehrheitsisraeliten, das Folgende: Jesaja 51,1–3
1Blickt hin auf den Felsen, aus dem ihr gehauen, und auf den Brunnenschacht, aus dem ihr gegraben seid!
2Blickt hin auf Abraham, euren Vater, und auf Sara, die euch geboren hat! Denn ich rief ihn als einen Einzelnen, und ich segnete ihn und mehrte ihn.
3Denn der HERR tröstet Zion, tröstet alle seine Trümmerstätten. Und er macht seine Wüste wie Eden und seine Steppe wie den Garten des HERRN. Jubel und Freude findet man darin, Lobpreis und Stimme des Gesanges.
Für Euch ist die Tatsache, dass Jerusalem in Trümmern liegt, ein politisches Ärgernis und vielleicht, falls Ihr mal dort gewohnt habt, ein persönlicher Verlust.
Aber die, die der Gerechtigkeit Gottes nachjagen, die verstehen Gott nicht mehr.
Warum gibt es das Reich Davids nicht mehr, und wo ist das gelobte Land hingekommen?
Was hat Gott für eine Zukunft vor Augen?
Und wenn man Euch, ihr Mehrheitsisraeliten, wieder zurück in ein neu aufgebautes Jerusalem schicken würde, dann wäre es dort genau wie vorher: Machtkämpfe, Korruption, Armut, Ausbeutung. Ihr seid ja nicht plötzlich besser geworden.
Aber die 100%igen, die Betschwestern, die wollen, dass Gott wieder nach Jerusalem zurückkehrt.
Für Euch wäre das keine große Bereicherung. Ihr habt es immer bevorzugt, wenn Gott Euch nicht zu nahe kam.
Und darum, liebe Durchschnittsisraeliten, richtet sich Jesaja 51 nicht an Euch.
Denn Gott kommt zurück in sein Heiligtum. Aber wer will das schon?
Brief an die Freaks
Sehr geehrte radikale Gläubige,
Ihr habt nun also von Jesaja gehört, dass Gott bei der Auserwählung von Abraham und seinen Nachkommen bleibt.
Ihr habt zur Kenntnis genommen, dass Gott nach Zion zurückkehrt und es dort deshalb einzigartig schön wird.
Weil Gottes Gegenwart halt nicht anders sein kann als extrem herrlich.
Damit wisst Ihr nun auch, wie wichtig Ihr für Gott seid.
Aber Ihr habt Euch zu früh gefreut. Jesaja 51,4–5
4Merkt auf mich, mein Volk, und meine Nation, hört auf mich! Denn Weisung geht von mir aus, und mein Recht werde zum Licht der Völker. Im Nu
5ist nahe meine Gerechtigkeit, mein Heil ist hervorgetreten, und meine Arme werden die Völker richten. Auf mich hoffen die Inseln, und auf meinen Arm warten sie.
Ihr werdet teilen müssen.
Sicher, Ihr seid einzigartig. Aber die anderen sind es auch.
Ja, Ihr seid auserwählt. Aber die anderen sind es auch.
Eure Erwählung war nur das Zeichen: Wenn Gott ohne jeden Grund Abraham und seine Nachkommen auswählen kann, dann kann er auch ohne jeden Grund irgendwelche Ausländer auswählen.
Und das wird übrigens so weitergehen, dass es ein vergleichsweise kleines Zeichen gibt, welches auf ein zu erwartendes riesiges Ereignis hinweist.
Und sicher: bei Euch wird Gottes Gerechtigkeit herrschen. Das ist das Bild von der blühenden Wüste und den Jubelgesängen. Das Böse wird erledigt sein. Es kann den Garten nicht mehr kaputt machen, und es kann die Jubelgesänge nicht mehr unterbrechen.
Aber bei den anderen wird Gottes Gerechtigkeit genauso herrschen. Auch dort wird das Böse verurteilt.
Tut mir leid, aber Eure Einmaligkeit ist dahin.
Begründung als Grund
Denn Gottes Problem ist ja nicht die Frage, ob in der Wüste etwas wächst oder nicht.
Gott kann überall etwas wachsen lassen. Und spätestens seit Jesus wissen wir, was Gott so alles verändern kann.
Krankheit und Hunger und solche Dinge, das ist in Gottes Augen kein wirkliches Problem.
Sowas ist lösbar.
Gottes großes Problem, gegen das er nichts machen kann, ist die Sünde.
Und darum schickt er den Völkern und den Inseln auch nicht Saatgut oder Bananenkisten oder Trinkwasseraufbereitungsanlagen.
Und darum schreibt Jesaja auch nicht an den Durchschnittsisraeliten.
Denn der Durchschnittsisraelit will den Segen.
Aber er will nicht Gott.
Und darum stört den Gutmenschen auch die Sünde nicht. Denn die Sünde ist Beleidigung Gottes, Ablehnung Gottes, ist Teil des Kampfes gegen Gott.
Da macht der Mehrheitschrist vielleicht nicht mit. Schließlich ist man fromm und gläubig.
Aber vom Prinzip her stört ihn das nicht besonders.
Und darum seit Ihr, liebe Freaks und Gebetsschwestern, die Zielgruppe von Jesaja 51.
Ihr werdet es verstehen, dass Gott das Böse so sehr hasst, dass er den Kampf gegen das Böse auf die ganze Erde ausweitet.
Denn die Völker und die Inseln, die haben ja kein anderes Mittel gegen das Böse.
Demokratie und Menschenrechte und Humanismus sind keine funktionierenden Maßnahmen gegen die Finsternis.
Der Teufel fürchtet sich nicht vor Parlamentarismus und freiheitlichen Verfassungen.
Darum warten die Inseln auf Gott.
Zur Kenntnisnahme
Ihr, liebe 100%ige, müsst also zur Kenntnis nehmen:
Eure 100% für Gott und damit gegen das Böse sind nicht nur eine Aufgabe in Palästina. Voll für Gott und gegen das Böse zu sein, ist eine internationale Haltung.
Gott ist so absolut gegen das Böse, dass er Mittel und Wege geschaffen hat, mit denen man es in jeder Ecke der Erde bekämpfen kann.
Die Bombe
Solltet Ihr, liebe Extremgläubige, nun davon ausgehen, dass der Kriegsschauplatz damit endgültig definiert ist und Euer zukünftiges Einsatzgebiet damit klar ist, dann muss ich Euch leider enttäuschen. Der Text geht nämlich noch weiter: Jesaja 51,6
6Erhebt zum Himmel eure Augen und blickt auf die Erde unten! Denn der Himmel wird wie Rauch zerfetzt werden, und die Erde wird zerfallen wie ein Kleid, und ihre Bewohner werden dahinsterben wie Mücken. Aber mein Heil wird in Ewigkeit bestehen, und meine Gerechtigkeit wird nicht zerschlagen werden.
Nein, das kein Endzeittext über den jüngsten Tag.
Während Ihr zuerst dachtet, Eure Aufgabe sei die Bekämpfung der Sünde und somit der Ablehnung Gottes in Palästina, hat man Euch ja mittlerweile beschrieben, dass der Kampf gegen das Böse eine weltweite Aufgabe ist.
Darum wird Jesus später sagen: „Gehet hin in alle Welt und macht zu Jüngern ...“. Denn wenn jemand ein Jünger ist, dann steht er dem Bösen nicht mehr zur Verfügung. Dann hat das Böse einen Krieger verloren.
Aber jetzt sagt man euch:
Selbst wenn es das Universum nicht mehr gäbe, gäbe es Gottes Heil immer noch, und Gottes Gerechtigkeit würde immer noch funktionieren.
Das will nun nicht sagen, dass Gottes Gerechtigkeit die Zeit übersteht.
Man will euch nicht mitteilen, dass Gottes Gerechtigkeit erst 2000 Jahre in Palästina gewohnt hat, danach umgezogen ist auf den ganzen Planeten, und wenn der Planet mal kaputt ist, dann zieht Gottes Gerechtigkeit wieder um in Gottes Himmel.
Gottes Gerechtigkeit ist ja nicht auf der Flucht.
Sondern es will sagen:
Gottes Gerechtigkeit und damit sein Kampf gegen das Böse finden schon immer auf einer Ebene statt, die mit unserer materiellen Welt nicht zu vergleichen ist.
Darum wird die Versuchung von Hiob in der himmlischen Ratsversammlung besprochen.
Darum muss der Prophet Daniel drei Wochen auf den himmlischen Boten warten, denn dieser war vom Fürst des Königreiches Persien aufgehalten worden. (Daniel 10,13)
Darum sagte Jesus Matthäus 24,35
35Der Himmel und die Erde werden vergehen, meine Worte aber sollen nicht vergehen.
Nicht etwa, weil Jesu Worte einen längeren Atem haben oder eine höhere Mindesthaltbarkeit als Himmel und Erde, sondern weil sie auf einer ganz anderen Ebene angesiedelt sind.
Paulus sagt in 1.Kor 11,10, dass die Frauen wegen der Engel was auf dem Kopf haben sollen beim Beten. Will heißen: Was auch immer wir tun – da schauen mehr Wesen zu, als wir uns vorstellen können.
Darum spielt die Offenbarung fast nur in irgendwelchen obskuren unsichtbaren Dimensionen, und es kommen dort Drachen vor und Tiere mit 10 Köpfen und eine Frau mit einem Sternenkranz.
Denn das Heil und die Gerechtigkeit Gottes entstehen dort, und ihre große Zukunft haben sie dort.
Sicher: Die Erde und die himmlische Welt sind miteinander verzahnt. Was dort passiert, hat massiven Einfluss auf die 100%igen Gläubigen, und was diese Betschwestern hier auf der Erde machen, hat massiven Einfluss auf die himmlische Welt.
Und das, liebe Glaubensfreaks, ist, was Jesaja Euch hier mitteilen will.
Die Handlungsanweisung
Zum Schluss gibt Gott noch eine Handlungsanweisung. Wieder nur an Euch, Ihr Fanatiker, bei denen das Gesetz Gottes im Herzen ist und nicht nur auf dem Papier: Jesaja 51,7–8
7Hört auf mich, die ihr Gerechtigkeit kennt, du Volk, in dessen Herzen mein Gesetz ist: Fürchtet nicht die Schmähung der Menschen und erschreckt nicht vor ihren Hohnreden!
8Denn wie ein Kleid wird die Motte sie verzehren und wie Wolle die Schabe sie verzehren. Aber meine Gerechtigkeit wird in Ewigkeit bestehen und mein Heil von Generation zu Generation.
Ja, es tut mir leid.
Sicher hattet Ihr jetzt eine exakte Handlungsanweisung erwartet, was Ihr genau machen sollt. Damit Ihr nicht soviel nachdenken müsst und keine riskanten Entscheidungen treffen müsst.
Aber die größte Gefahr ist nicht, dass Ihr irgendwas falsch macht.
Sondern die größte Gefahr ist, dass Ihr gegenüber denen einknickt, die der Teufel auf Euch loslässt.
Denn wenn Ihr tatsächlich der unermesslich großen Gerechtigkeit Gottes dient, und wenn Ihr tatsächlich an dem Heil mitarbeitet, dass weitaus größer ist als alle Planeten und Galaxien – dann werdet Ihr gefährlich für den Teufel und alles Böse.
Der Teufel fürchtet sich nicht vor dem Abendmahl und nicht vor der Friedensbewegung. Emphatische Menschen sind dem Satan egal, und die Dämonen grinsen sich einen, wenn Menschen ihre Lebenszeit mit der Bekämpfung des Hungers in der Welt zubringen.
Aber wenn jemand so lebt, dass er das große Reich fördert, das jenseits von allem Sichtbaren aufgebaut wird, dann springen die Dämonen im Dreieck.
Denn die Gerechtigkeit Gottes ist die große Gefahr für diese Wesen. Weil die Gerechtigkeit Gottes sie verurteilen kann und wird. Gott wird das zutreffende Urteil über das Böse sprechen. Auf Greta oder die UNO brauchen wir da nicht zu warten. Die wissen überhaupt nicht, dass so ein Paralleluniversum existiert.
Schlusswort an die Freaks
Nun denn, Ihr 100%igen: Im Moment sieht es vielleicht so aus, als wenn eigentlich nur Gott nach Zion zurückkehren müsste, und dann wäre alles wieder in Ordnung.
Auf die weitere Zukunft erscheint es vielleicht wünschenswert, dass alle Menschen auf der Erde die Chance bekommen, vom Bösen erlöst zu werden.
Aber die Wahrheit ist: Ihr seid mitten in den Krieg zwischen Licht und Finsternis hinein geraten. Und dieser Krieg wird nicht in Palästina entschieden und nicht auf irgend einem Planeten, sondern in den himmlischen Welten.
Und wenn Ihr in diesem Kampf mitkämpft, dann tut Ihr das Richtige.
Wenn aber Euer Wirken in Palästina oder in irgendeiner Ecke der Erde nicht Angst und Schrecken auf der dunklen Seite der himmlischen Welten auslöst, dann kann Euer Handeln noch so edel und humanistisch und heldenhaft sein: Vor Gott zählt es gar nichts.
Denn Gottes Ziel ist sein Heil und seine Gerechtigkeit.
Und deren Heimat außerhalb von unserer Welt.