Jesaja 57 – Gott am Küchentisch

Gelegentlich stellt man sich ja die Frage, ob man es besser gemacht hätte als die Pharisäer damals.

Die Antwort ist genau die gleiche wie die, die heute über richtig oder falsch entscheidet: Es kommt aufs Bibellesen an.

Nicht nur, dass man liest. Sondern auch, wie man liest.

Und wenn man Jesaja 57 ordentlich gelesen hätte, dann hätte man sich nicht mehr darüber wundern dürfen, dass der Messias mit Zöllnern und Sündern isst.

Guckst Du: Der Inhalt

In Jesaja 57 geht es in der ersten Hälfte (bis Vers 13) um die schlimmsten Sünden, die ein Mensch begehen kann.

Nein, es geht nicht um die Ermordung des Präsidenten. Sowas ist nicht schön, aber das kann mal passieren.

Es geht auch nicht um den Start eines Atomkrieges. Zweifellos eine furchtbare Sache, aber Gott hat auch schon einmal eine Sintflut initiiert. Der kann damit umgehen, wenn Sie einen schlechten Tag haben und deshalb einen schweren Fehler machen.

Es geht um

·         die Ermordung, Misshandlung oder Unterdrückung von jemanden, der Gott liebt und den Gott liebt (Verse 1-2). Sich an Gottes Leuten zu vergreifen, ist in Gottes Augen schlimmer als jedes politische Attentat.

·         die Ersetzung Gottes durch etwas oder jemand anderen. Götzen, Kulte, Talismane, Voodoo-Puppen, Astrologie. Wenn man das, was Gott als seine Aufgabe betrachtet, an jemand anderen delegiert.

·         die Ersetzung Gottes durch weltliche Mittel wie Geld oder Macht (Verse 9 + 17). Es geht also um Gier und Habsucht. Von letzterer sagt auch Paulus, dass sie Götzendienst ist (Kolosser 3,5) und deshalb eigentlich gleich in den vorherigen Punkt gehört hätte.

Das sind in Gottes Augen die schlimmsten Untaten. Keine Kriminalität, kein Völkermord kann diese Sünden übertreffen. Nicht, dass Gott Völkermord gut fände. Aber Völkermord kommt in Gottes Liste der Schandtaten erst weiter unten. Zuerst geht es Gott immer um Gott und um die, die zu Gott hören. Gottes Reich kommt in Gottes Wertesystem vor allem anderen.

Die Einladung

Nachdem Gott in den ersten 13 Versen die Menschen angesprochen hat, welche die schlimmsten denkbaren Sünden begangen hatte, ergeht ab Vers 14 an genau diese Menschen die Einladung, dass Gott bei diesen Menschen wohnen will. Das ist Zachäus pur. Sicher, Gott will nur bei diesen Menschen wohnen, wenn aufhören mit dem, was sie bisher getan haben.

Wenn sie es bedauern, dass sie Gott abgelehnt oder ersetzt haben.

Wenn sie traurig sind, dass sie es falsch gemacht haben.

Wenn also eine Sinnesänderung, eine Umkehr stattfindet.

Und bei genau diesen Menschen will Gott nun wohnen, gleichwie er auch im Himmel wohnt (Vers 15). Das hört sich nicht nach einem Zweitwohnsitz an, wo man gelegentlich mal hinfährt, der aber die meiste Zeit des Jahres leer steht.

Der Grund für Gottes Einladung

Ja, das muss man doch mal fragen: Warum macht Gott das?

Ziemlich plakativ sagt Gott in Vers 16: Wenn er weiterhin zornig wäre, dann wären am Ende alle tot.

Und Gott wäre alleine, und die ganze Schöpfung wäre für die Katz gewesen.

Der ganze Sinn von Gottes Engagement in diesem Universum ist aber „Gemeinschaft“. Gott wollte jemanden haben, mit dem er zusammen sein kann. Den er lieben kann. (Und der ihn freiwillig liebt. „Freiwillig“ ist wichtig, denn sonst ist es eine Gemeinschaft wie zwischen Gefängnisdirektor und Gefangenen.)

Und offenbar ist Gott nun zu der Erkenntnis gekommen, dass er dieses Ziel („Gemeinschaft“) nur über die Gnade erreichen kann.

Klar, die Erkenntnis ist nicht neu. Nicht für Gott und nicht für uns.

Die gewalttätige Lösung hat schon mit der Sintflut nicht funktioniert, und mit 40 Jahren in der Wüste auch nicht.

Und durch kürzlich stattgefundene 70 Jahre babylonische Gefangenschaft ebenfalls nicht.

Gott kann durch Zorn, Strafe, Drohung und ähnliche Machtmittel keine brauchbare Gemeinschaft zu den Menschen herstellen. Die Sünde ist durch Gewaltanwendung nicht zu besiegen.

Folgerung

Also lädt Gott ein.

Sich selbst.

Bei den schlimmsten vorstellbaren Sündern.

Bei denen will er wohnen. Genauso, wie er auch im Himmel wohnt.

Sofern diese Leute sich bessern. Gott als Gott anerkennen.

Und falls Sie, lieber Leser, sich fragen, ob Gott bei Ihnen wohnen will:

Selbst wenn Sie bisher einen Buddha am Wohnungseingang oder auf dem Schränkchen stehen hatten, weil Sie dachten, es nützt was – oder wenn Sie Horoskope und Wahrsager befragt haben, um die Wahrheit zu erfahren – dann haben Sie zwar das Gleiche gemacht wie die Leute bis Vers 13.

Aber Gott lädt sich bei denen ein.

Dann lädt er sich auch bei Ihnen ein.

Wie bei Zachäus.

Die Pharisäer hätten es wissen müssen.

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