Jesaja 46, 3+4 : Wozu denn neuer Bund?

Nun, das ist doch mal schön: Gott trägt uns.

Von Mutterschoß bis ins Greisenalter will Gott seine Leute tragen. So steht es da.

Und das war ja letztlich auch der Sinn des gelobten Landes: Dass das Leben einfacher wird, dass die Versorgung funktioniert. Dass man in Frieden leben kann und keine Angst vor Hunger oder Seuchen oder sonstigen Katastrophen haben muss.

Und das ist alter Bund!

Gott trägt uns durch die Tücken des Lebens, er erhebt uns über die Unbill der Existenz hinaus. Gott segnet und behütet unseren Eingang und unseren Ausgang (Deut 28,6 und Psalm 121,8). Er ist der Schutz unseres Alltags und unserer Wochen, Monate und Jahre.

Und das ist alter Bund! Wozu braucht man dann einen neuen, wenn der Alte schon einen solchen Schutz bietet? So ein Komfort, was will man mehr?

Wer sich ein bisschen auskennt, könnte jetzt natürlich sagen: Den neuen Bund brauchen wir, damit diese Verheißung des lebenslangen Schutzes und des durchgängigen Getragenwerdens nicht nur den Israeliten angeboten wird, sondern allen Menschen auf der Welt.

Aber das ist zu wenig. Denn Jesus ist ja nicht gekommen, um ein allgemeines Serviceprogramm für Gläubige aufzulegen. Jesus ist ja nicht gestorben, damit die Gläubigen ein leichtes, problemloses Leben mit ungehindertem Komfort und rundrumversorgtem Wohlergehen haben.

Sondern Jesus ist gekommen und gestorben und auferstanden, damit das Reich Gottes gebaut wird, damit der Teufel bekämpft wird, damit Erlösung und Rettung geschieht, damit Licht in der Finsternis scheint und dem Bösen der Teppich unter den Füßen weggezogen wird.

Das Tragen der Gläubigen durch Gott ist nur eine Voraussetzung, nicht das Endziel. Jesus setzt es voraus, auch in der Bergpredigt (sorgt Euch nicht!), damit die Gläubigen frei werden, das Große zu tun und das Revolutionäre zu wagen.

Denn dafür ist Jesus gekommen: Dass der Umsturz möglich wird. Dass die Macht des Bösen gebrochen wird. Dass das Paradies sich breit macht, dass der Himmel auf Erden lebbar wird.

Im Alten Bund waren solche großen Dinge nicht möglich, denn das Böse war noch nicht besiegt. Darum war es im Alten Bund nicht unpassend, sich von Gott durch den Alltag tragen zu lassen und mit Gott ein zufriedenes Leben zu führen. Denn mehr war einfach nicht möglich.

Wer aber heute meint, das sei der Sinn des Christseins, dass Gott die Unebenheiten des täglichen Lebens einebnet und uns ein angenehmes Dasein beschert, der braucht keinen neuen Bund, denn er lebt noch im Alten.