Klagelieder, Kapitel 4

Das vierte Lied beschäftigt sich mit der Schuldfrage. Wer ist schuld daran, dass Jerusalem nicht nur untergegangen ist, sondern noch dazu so extrem grausam untergegangen ist? Und eines macht das Lied in Vers 6 ganz klar: Die Schuld Israels war größer als die von Sodom – dass Ausmaß des aktuellen Schreckens entspricht dem Ausmaß der Schuld.

Natürlich hätte man die Schuld bei den Babyloniern suchen können, weil sie angegriffen haben, oder bei den Ägyptern, weil sie nicht geholfen haben, oder bei Gott, oder einfach beim Schicksal.

Der Schreiber macht aber ganz deutlich, dass es die Priester und Propheten waren, die dieses Unheil verschuldet hatten. Die sogar soweit gingen, die Propheten, die tatsächlich die Worte Gottes wiedergaben, zu verfolgen und zu töten. Weil sie einfach nicht glauben konnten, dass das, was diese Propheten sagten, der Wille Gottes sein sollte.

Wir haben es hier also mit einem klassischen Fall von Denkverboten zu tun, wie wir es später auch bei den Pharisäern wiederfinden. Man war sich so sicher, wie Gott war und was Gott zu wollen hatte, dass man Gottes eigene Stimme nicht mehr erkennen konnte. Zudem akzeptierte man nur das als Gottes Willen, was einem selbst Vorteile brachte. Dass Gott nicht auf unserer Seite ist, das ist völlig undenkbar!

Kurz gesagt: Wenn eine Gemeinde in Schwierigkeiten steckt, braucht sie die Schuld nicht irgendwo außerhalb zu suchen. Denn eine gute Gemeinde ist vor dem Teufel geschützt – sie ist Herrschaftsgebiet Gottes. Wenn eine Gemeinde kaputt geht, hat sie es selber verursacht.