Jona 2 der Fehlgriff im Titel

Wer hat diesem Buch eigentlich diesen Titel gegeben?

Ich meine: Warum heißt das Teil „Jona“?

Der Handelnde ist doch die ganze Zeit Gott.

Alle Initiative geht hier von Gott aus.

Das Einzige, was Jona zu der Geschichte beiträgt, sind seine Reaktionen auf Gottes Handeln.

Die Möglichkeiten

Allerdings lohnt sich hier auch ein Blick auf die Möglichkeiten.

Denn Jonas Handlungsmöglichkeiten waren relativ begrenzt.

Genauer gesagt: Unbedeutend. Klein. Jämmerlich.

Nachdem Gott den Befehl gegeben hatte, nach Ninive zu gehen, suchte Jona das Weite. Das ist selbst für den begrenzten Horizont dieser sehr frühen Generation ein klägliches Verhalten. Das hätte Jona doch klar sein müssen, dass das keine Lösung sein kann, wenn man es mit so einem mächtigen Gott zu tun hat.

Nun, vermutlich war es ihm klar. Er wusste sich nur keine andere Hilfe. Suizid ist so verdammt endgültig.Jona 2

Und vielleicht hoffte er, dass Gott das Ganze dann einfach auf sich beruhen lassen würde.

Machen die Christen heute ja auch.

Man kennt die Ansprüche des Einzigartigen.

Die natürlich eigentlich keine Ansprüche sind, sondern Möglichkeiten zur Freiheit, zur Größe, zu himmlischen Erfahrungen.

Aber man müsste raus aus der Komfortzone, hier bei Jona aus der Komfortzone der eigenen Meinung.

Neu denken lernen: Grässlich!

Und darum lässt man sich nicht auf diese „Ansprüche“ Gottes ein und hofft, Gott würde es auf sich beruhen lassen.

Sich einfach nicht mehr melden.

Es übersehen.

Man hofft, irgendwie unbemerkt unter Gottes Radar hindurchzukommen.

Zumindest solange, bis man Gott wieder braucht.

Denn wenn ich Gott brauche, dann soll Gott selbstverständlich hochkonzentriert auf mich blicken und meine Bedürfnisse exakt wahrnehmen und sich mir mit Liebe und Wärme und Zuneigung zuwenden.

Aber im Moment soll Gott meine Verweigerung einfach übersehen und mich in Ruhe lassen.

Was natürlich, wie Sie vermutlich schon gemerkt haben, eine ziemlich schizophrene Einstellung ist und somit absolut realitätsfern.

Wie ich schon oben sagte: Ziemlich jämmerlich.

Chancenlos

Und dann befand sich Jona also im Meer.

Mit Einverständnis Gottes, denn diese Seeleute haben Gott extra im Voraus um Verzeihung dafür gebeten, dass sie einen seiner Mitarbeiter beseitigen.

Über die Schwimmkünste von Jona ist uns nichts bekannt, aber auch die Kräfte eines Olympiasiegers sind irgendwann zuende.

Die einzige Chance, die Jona jetzt noch hatte, war, sich an Gott zu wenden.

Das ist eine klägliche Liste an Handlungsalternativen.

Die Möglichkeit mit dem Suizid hatte er ja schon beim ersten Mal ausgeschlagen.

Die Menge der Möglichkeiten des Jona bestand damit aus der Zahl eins.

Und diese Möglichkeit hat Jona dann auch ergriffen.

Was jetzt keine Ruhmestat war, denn es war alternativlos.

Weshalb ich anfangs fragte, warum das Buch diesen Titel trägt.

Denn Gott hat den Jona in diese Position gebracht, dass Jona wieder mit Gott reden musste.

Gott war hier der Handelnde.

Alle Initiative ging von Gott aus.

Du hast keine, aber nutze sie!

Der Witz ist, dass Jona sich der Absurdität seiner Situation durchaus bewusst war: Jona 2,5

5 Da sprach ich: Verstoßen bin ich von deinen Augen hinweg, dennoch werde ich wieder hinblicken zu deinem heiligen Tempel.

Eigentlich war Jona jetzt genau da, wo er hingewollt hatte: Weit weg von Gott.

Blöd nur, dass die Initiative für diese Entfernung eben von Gott ausgegangen war und nicht, wie anfangs, von Jona.

Dumm gelaufen.

Jona war extra weggelaufen, um von Gott wegzukommen, und jetzt war er tatsächlich weit weg von Gott, allerdings nicht so, wie er sich das vorgestellt hatte.

Und jetzt, wo er sich tatsächlich in größtmöglicher Entfernung von Gott befindet, wendet er sich an wen?

Ja, eben, es ist absurd.

Denn das hätte er ja vorher haben können.

Er hätte schon gleich mit Gott reden können, als der Auftrag an ihn erging.

Jetzt muss er. Nun ja.

Der einzige Handelnde

Ich hatte schon gefragt: Warum heißt das Buch eigentlich „Jona“?

Der einzige, der hier die Freiheit seines Handelns beweist, ist Gott.

Gott gibt den Auftrag, Gott macht die Wellen, Gott schickt den Fisch.

Jona ist von Anfang bis Ende in Gottes Hand.

  • Was den Auftrag angeht: der kommt von Gott
  • Was die Verhinderung seiner erfolgreichen Flucht angeht: die Wellen sind von Gott
  • Was die Gnade angeht, die zu Jonas Rettung aufgeboten wird: die kommt von Gott.

Das Skript diktiert hier Gott.

Wobei natürlich gerade diese Rettung aus dem Wasser schon recht gnadenreich und seltsam ist.

Verdient hatte Jona diese Rettung nicht.

Und das mit der Gnade, das hatte Jona durchaus kapiert. Sagt er doch Jona 2,9

9 Die, die nichtige Götzen verehren, verlassen ihre Gnade.

Ja, eben, und gerade in der Gnade ist man mehr als bei allem anderen von Gott abhängig.

Wertung

Jona Kapitel 2Bleibt zum Schluss die Frage: Ist das eigentlich gut, wenn Gott einen Menschen so gar nicht in Ruhe lässt?

Oder anders formuliert: Wenn Gott einen Menschen so dermaßen von sich abhängig macht?

Denn von einer „Freiheit des Jona“ kann ja eigentlich nicht mehr gesprochen werden.

Wäre allerdings die Frage, ob Jona denn vorher frei war.

Ob er nicht Gefangener seiner Vorurteile und seiner festsitzenden Gedanken war.

Ob das ganze Buch nicht richtiger „die Gefangenschaft des Jona“ hätte heißen müssen.

Und Gott stellt dem Jona jetzt neue Gedanken vor.

Neue Möglichkeiten, die Welt zu sehen.

Gott zwingt den Jona zur Freiheit.

(Hoffentlich kriegt den letzten Satz niemals ein ernsthafter Philosoph zu sehen. Der würde dann ausflippen.)

Wenn Gott von einem Menschen in einem solchen Maß Besitz ergreift, ist das doch eigentlich ein Kompliment.

Natürlich: Im Startbereich arg holprig. Das war bei Paulus auch so. Auch Paulus hatte sich eine solche Beschlagnahme durch Gott im Vorfeld nicht gewünscht.

Aber Gott versteht sein relativ rabiates Verhalten als Gnade.

Weil es, trotz aller Hindernissen und Missverständnissen, am Ende eben doch nichts besseres als Gott gibt.

Selbstverwirklichung geht anders, klar.

Aber Selbstverwirklichung ist im Vergleich zum Eintauchen in Gottes (Gedanken-)Welt natürlich ebenfalls beklagenswert kläglich.

Wenn Gott Sie erwählt, sind Sie wichtig. Warum auch immer. Herzlichen Glückwunsch!