Levitikus 17, 1-7 Metzgerei und Bocksdämonen

Heute werden wir mal grundsätzlich.

Und wir bekämpfen ein paar Ergebnisse der Evolution.

Man kann sich ja auch in den Kleinigkeiten religiöser Vorschriften verlieren. In den Fragen, ob man als Christ dieses darf oder jenes soll. Ob es christliche Politik geben kann oder ob man als Christ einen orangenen Ferrari fahren darf.

Am Anfang von Levitikus 17 geht es jedoch um eine grundsätzliche Lebensfrage. Eine Frage, die so ziemlich alles im Leben entscheidet. Eine der wirklich entscheidenden Fragen des Lebens.

Wir befinden uns auf der Wüstenwanderung, und die Stiftshütte mit den Priestern ist schon in Betrieb. 3.Mose 17,1

1 Und der HERR redete zu Mose:

2 Rede zu Aaron und zu seinen Söhnen und zu allen Söhnen Israel und sage zu ihnen: Dies ist die Sache, die der HERR geboten hat:

3 Jedermann aus dem Haus Israel, der einen Stier oder ein Schaf oder eine Ziege im Lager schlachtet oder der außerhalb des Lagers schlachtet

Bitte zur Kenntnis nehmen: Es geht hier um jede Schlachtung eines opferfähigen Tieres.

Die folgenden Anweisungen gelten nicht, wenn man ein Huhn schlachtet oder wenn man auf der Jagd etwas erbeutet.

Aber es gilt für jede Schlachtung einer männlichen Kuh, eines Schafes oder einer Ziege.

Dabei können wir uns die Diskussion sparen, wie häufig die Israeliten während der Wüstenwanderung wohl geschlachtet haben.

Als die aus Ägypten auszogen, werden sie nicht viel Vieh mitgenommen haben. Sonst hätten sie am Beginn der Wüstenwanderung nicht so einen Aufstand gemacht, weil sie nicht genug zu essen hatten. Die Wachteln und das Manna gab es nicht, um Abwechslung in den Speiseplan zu bringen, sondern um Hunger abzuwenden.

Andererseits ist natürlich bekannt, dass die Israeliten bei den anderen Völkern, die sie unterwegs trafen, Essen gekauft haben, und im Laufe der 40 Jahre werden die Herden der Israeliten sich so vergrößert haben, dass man öfter mal grillen konnte.

Wie viele Schlachtungen es auch immer gewesen sein mögen: Für jede Schlachtung gilt diese Vorschrift. Levitikus 17,3

3Jedermann aus dem Haus Israel, der einen Stier oder ein Schaf oder eine Ziege im Lager schlachtet oder der außerhalb des Lagers schlachtet

4 und es nicht an den Eingang des Zeltes der Begegnung gebracht hat, um <es> dem HERRN als Opfergabe darzubringen vor der Wohnung des HERRN, diesem Mann soll <es> als Blut zugerechnet werden: Blut hat er vergossen; und dieser Mann soll aus der Mitte seines Volkes ausgerottet werden.

Wenn man einen Stier, eine Ziege oder ein Schaf woanders schlachtet als beim Brandopferaltar vor der Stiftshütte, dann wird das gewertet wie ein Mord und wird bestraft wie ein Mord, und zur Zeit von „Auge um Auge, Zahn um Zahn“ stand auf eine vorsätzliche Tötung der Tod.

Wir haben hier also nicht eine nebensächliche Vorschrift, die eine unter vielen ist, sondern wir haben hier eine Vorschrift, die so wichtig ist, dass ihre Missachtung zum Tod des Übeltäters führt.Levitikus 17

Nun geht es hier nicht um die Proklamierung der veganen Ernährung. In Heidelberg gibt es gerade eine Werbekampagne, wo auf den Plakaten steht: „Bio-Fleisch ist keine Alternative. Fragen Sie die Tiere!“

Es geht hier nicht darum, dass die Tötung eines Tieres genauso schlimm ist wie die Tötung eines Menschen. Natürlich kann, wer die Bibel verdrehen will, aus dieser Anordnung die Aussagen machen „Metzger sind Mörder“. Aber das ist eine Verdrehung, denn es geht hier nicht darum, dass das Leben des Tieres schützenswert ist.

5 <Dies wird angeordnet,> damit die Söhne Israel ihre Schlachtopfer hineinbringen, die sie jetzt auf freiem Feld schlachten, und zwar sie hineinbringen für den HERRN an den Eingang des Zeltes der Begegnung zum Priester und sie als Heilsopfer dem HERRN schlachten.

Das Heilsopfer darf man hier nicht überlesen.

Denn es geht hier nicht um ein Opfer, das Sünden vergibt oder von spezieller Schuld befreit. Das Heilsopfer hat keine klar definierte Wirkung.

Mit einem Heilsopfer sagt man Gott, dass man sich freut, dass es ihn gibt. Ein Heilsopfer ist ein positives „Hallo“ gegenüber Gott. Man weiß zu schätzen, was man an Gott hat, und Gott bekommt auch ein bisschen von dem Opfer ab und die Priester auch – letztlich ist das Heilsopfer eine Vorstufe zum Abendmahl, denn wenn man jetzt grillt, dann sitzt Gott mit am Tisch.

Während ein Sündopfer also von der Grundtendenz eine ernste Sache war, war das Heilsopfer eine erfreuliche, positive Angelegenheit.

Und das ist das, was hier vorgeschrieben wird: Dass jede dieser Schlachtungen als ein positiver Kontakt zu Gott inszeniert wird.

6 Und der Priester soll das Blut an den Altar des HERRN vor dem Eingang des Zeltes der Begegnung sprengen und das Fett in Rauch aufgehen lassen als wohlgefälligen Geruch für den HERRN.

Sie wissen ja, wie es beim Grillen riecht. Da hat die ganze Nachbarschaft was von, und somit kann man davon ausgehen, dass der Geruch auch bis zu Gott reicht. Und der Sinn ist, dass Gott sich über diesen Geruch freut.

Ihre Gedanken, warum Gott sich über einen solchen Gestank freuen soll, sind an dieser Stelle nicht zweckdienlich.

Jetzt kommt die Begründung, warum diese Vorschrift erlassen wurde:

7 Und sie sollen nicht mehr ihre Schlachtopfer den Bocksdämonen schlachten, denen sie nachhuren. Das soll ihnen eine ewige Ordnung sein für ihre Generationen.

Bocksdämonen sind Mischwesen mit menschlichen Anteilen, aber eben auch mit dem Kopf eines Ziegenbocks und oft auch mit den Füßen irgendwelcher Tiere. Abbildungen von solchen Wesen kennen wir erst aus der griechischen Mythologie; dort nennt man diese Wesen Satyre.

Dass man solche Mischwesen schon in Ägypten kannte (und dass darum auch die Israeliten sie kannten), sieht man ja an der Sphinx, die lange vor Abraham geschaffen wurde und die ein Tier mit einem Menschenkopf darstellt.

Diese Bocksdämonen dachte man sich damals als in der Wüste lebend, und die griechischen Darstellungen sind sehr ähnlich zu dem, wie wir heute den Teufel darstellen mit Hörnern und Hufen und Schwanz.

Bocksdämonen kommen in der Bibel öfter vor, und die Bibel geht davon aus, dass es diese Figuren tatsächlich gibt. Das brauchen wir jetzt nicht weiter zu diskutieren; zumindest gingen auch die Israeliten in der Wüste davon aus, dass es diese Wesen gibt, sonst hätten sie denen ja nicht geopfert.

Und die aktuelle Problematik ist klar: In Ägypten war man einigermaßen von der Wüste entfernt, da hatte man einen gewissen Abstand zu den Bocksdämonen. Aber jetzt saß man mitten in der Wüste, man war diesen Wesen jetzt sehr nah.

Und da das keine guten Wesen waren, darum hat man ihnen bei einer Schlachtung also geopfert, damit die einem kein Unglück brachten. Man versuchte, diese Wesen zu besänftigen.

Gegen die Gesetzlichkeit

Der gesetzliche Gläubige, der sich selbstverständlich niemals „gesetzlich“ nennen würde, sondern „bibeltreu“, der würde darauf bestehen, dass diese Regel über das Schlachten eingehalten wird. Alle Pharisäer lassen grüßen.

Aber es geht in diesen Versen gar nicht um eine Anordnung über das Schlachten.

Die hier vorgestellte Anordnung wird in Deuteronomium 12,15 wieder aufgehoben, weil sie in einem Land mit solchen Entfernungen wie in Israel nicht praktikabel war. In der Wüste saß man eng aufeinander, da konnte es vielleicht jeder bis zur Stiftshütte in der Mitte schaffen. Aber im gelobten Land waren dann die Entfernungen zu groß.

Wie so oft in der Bibel, steht das Symptom für die Ursache der Krankheit.

Dass man den Bocksdämonen opferte, war das Symptom. Wenn man jetzt einfach nur den Götzendienst bezüglich der Bocksdämonen unterband, konnte man sicher sein, dass sich postwendend ein neues Symptom herausbilden würde.

Die Krankheit

Das grundsätzliche Problem, das hinter dem Opfer für die Bocksdämonen steht, ist eine prinzipielle Lebenshaltung.

Man erwartet Unglück. In diesem Fall von den Bocksdämonen. Diese Wesen wollen einem irgendwie schaden.

Von Bocksdämonen ist prinzipiell kein Segen zu erwarten. Diese Wesen sind generell böse. Man opfert ihnen nicht, um gesegnet zu werden, denn diese Wesen können nicht segnen. Man opfert den Bocksdämonen, um Unheil und Schaden zu verhindern oder zumindest gering zu halten.

Man opfert also „vorsichtshalber“.

Nun war es im Laufe der Evolution eine lebensrettende Haltung, wenn man hinter jeder Ecke eine Schlange oder ein Raubtier befürchtete. Diejenigen, die von extrem vorsichtiger und ängstlicher Lebenshaltung waren, sind die, die überlebt haben. Von solchen Menschen stammen wir ab, und wir haben deren Wesensart nach wie vor in uns und stehen dem Leben eher mit Befürchtungen gegenüber als mit Hoffnungen.

Und obwohl die Gefahren für das Leben mit dem Wachsen der Zivilisation abgenommen haben, ist für den Ungläubigen die Gefahr, dass jemand etwas Böses erlebt, immer noch größer als die Chance, dass man unerwartet eine Million geschenkt bekommt.

Für den Ungläubigen ist das Leben nach wie vor bedroht vom Mangel, und er muss alles unternehmen, um den drohenden Mangel, das Defizit oder den Schaden zu verhindern.

Somit könnte man fast meinen, die Israeliten hätten angemessen gehandelt, als sie die Bocksdämonen zu besänftigen suchten.

Reich Gottes, bitteschön

Aber die Israeliten leben im Reich Gottes. Im gelobten Land. Im Land, wo Milch und Honig fließt. Da, wo es die großen Weintrauben gibt.

Im Reich Gottes ist ein Triumph des Bösen ausgeschlossen.

3.Mose 17Das Reich Gottes wird, anders als der Rest der Welt, nicht durch die Gefahr des Mangels bestimmt, sondern durch Segen und Fülle und Glück und Sicherheit.

Es ist völlig daneben, im Reich Gottes zu versuchen, das Schicksal zu besänftigen und dem Unheil aus dem Weg zu gehen.

Denn im Reich Gottes ist das Böse schon besiegt, es kann überhaupt nichts mehr geben, was zu unserem Nachteil ist.

Das Reich Gottes wird durch göttlichen Segen geprägt, und die einzige angemessene Haltung ist Erwartung, nicht Befürchtung. Hoffnung ist richtig, nicht Sorge.

Nicht die Alternative

Darum ist die befohlene Alternative zur Opferung für die Bocksdämonen nicht ein Anrufung Gottes um Schutz und Segen. Die Alternative ist nicht, dass man Gott um das Gleiche bittet, um das man vorher die Dämonen gebeten hat.

Während man bei den Dämonen versucht hat, sie dazu zu bringen, dass sie einem nichts tun, bringt man Gott ein Heilsopfer. Man sagt Gott, dass man sich über ihn freut und gerne in seiner Nähe ist und froh ist über all den Segen, den man entweder schon hat oder den man erwartet.

Von Gott das Gleiche zu erwarten, wie man von den Bocksdämonen erwartet, wäre wie wenn man bei einem Auto die Handbremse anzieht, das gar keine Räder hat.

Den Deckel auf einen Mixer machen, der gar keinen Motor hat.

Eine zugemauerte Haustür abschließen.

Das, was man bei den Bocksdämonen abstellen wollte, das kann man im Reich Gottes gar nicht mehr abstellen.

Unheil ist im Reich Gottes gar nicht vorgesehen. Das Reich Gottes steht unter positiven Vorzeichen und niemals unter der Gefahr des Mangels.

Das Reich Gottes sollte eine sorgenfreie Zone sein. Der Abschnitt über die Sorgen in der Bergpredigt steht dort ja nicht wegen nichts. Sondern weil Sorgen im Reich Gottes einfach sachfremd sind, unangemessen, fehl am Platz.

Es geht bei dem Verbot bezüglich der Bocksdämonen nicht darum, dass Gott beleidigt ist, weil man neben ihm auch noch die Bocksdämonen ehrt.

Sondern es geht darum, dass die Haltung des Menschen im Reich Gottes eine völlig andere sein kann als in der von der Evolution betroffenen Welt.

Es geht eigentlich nicht um die Bocksdämonen, sondern es geht um den Quatsch, den man von denen will.

Vom Regen in die Traufe

Natürlich haben Sie recht.

Eigentlich hat nur eine Verschiebung stattgefunden, keine Veränderung.

Die Christen behandeln heute Gott wie einen Bocksdämon.

Sie bitten Gott, dass er Unheil verhüten möge und sie vor dem Bösen bewahren möge und dass alles gut wird und dass es nicht so schlimm kommt und dass es gut ausgeht.

Als wenn Gott der große Regisseur über Unheil und Elend, Not und Verderben ist.

Dabei ist der Teufel besiegt. Das Böse ist überwunden.

Zumindest im Reich Gottes.

Aber man fühlt sich schon unglaublich von Gott gesegnet, wenn sich nichts Schlimmes ereignet hat. Wenn der Unfall nicht passiert ist, die Krankheit sich als nicht so schlimm herausstellt und die Inflation sich wieder beruhigt.

Wenn das Böse nicht gar so böse ist, dann ist man schon zufrieden.

Dabei ist Jesus nun wirklich nicht gekommen, um das Unheil im Leben ein wenig zu dämpfen.

Schon das gelobte Land war ja kein Ort gebremsten Verderbens. Das war ja als ein Ort von Glück und Wohlstand gedacht, von Wohlergehen und Zufriedenheit. Biblisch ausgedrückt: Fülle und Heil. Nicht Defizit und Unheil.

Der Anfang von Levitikus 17 richtet sich also weniger gegen einfache Formen des Götzendienstes, sondern vielmehr gegen die Haltung, die dahinter steht und die Gott zu einem Abfederungsmechanismus für die Unebenheiten des Lebens reduziert.