Johannes 21,1-14 – Frühstücken im Geist
Jetzt werden Sie Zuschauer eines ziemlichen Durcheinanders.
Zuerst war Jesus umgebracht worden, und die Jünger waren sehr niedergeschlagen.
Nach drei Tagen hatten sie die größte Freude ihres Lebens erlebt, denn Jesus war auferstanden, hatte die Wundmale gezeigt und mit den Jüngern gegessen.
Die Jünger kannten jetzt plötzlich den wichtigsten Mann der Welt.
Und nun? Irgendwie war dann Leerlauf.
Irgendwas mussten die Jünger tun.
Und sie mussten was essen.
Und es waren kräftige Männer, denen juckte es auch in den Muskeln. Nicht umsonst hatte Jesus gewisse Leute „Donnersöhne“ genannt. Und auch Petrus war kein Mann fürs Stillsitzen und für die meditative Versenkung in die neuen geistlichen Tatsachen.
Und weil Jesus keine weiteren Anweisungen hinterlassen hatte, außer dass sie auf ihn warten sollten, darum gingen sie fischen. Schlicht, das, was sie gelernt hatten und was einmal ihren Alltag ausgemacht hatte.
Das Erscheinen
Jesus erscheint nun seinen Jüngern, aber die Situation ist etwas komisch. Die Jünger erkennen ihn nur portionsweise.
Denn Jesus stellt sich nicht selber vor. Die Jünger sind gezwungen, ihn durch ein offenbar fremdes Äußeres hindurch zu erkennen.
Sie erkennen Jesus vor allem daran, dass er hier ein Wunder wiederholt, dass er bereits zu seinen irdischen Lebzeiten einmal bewirkt hat. Der Fischzug des Petrus aus Lukas 5. Nur, dass das Netz jetzt nicht reißt.
Erste Erkenntnis
Das ist somit die erste wichtige Erkenntnis aus dieser Begebenheit: Jesus tut nach seiner Auferstehung an den Menschen nichts anderes als vor seinem Tod. Es gibt eine Kontinuität.
Darum können wir mit den Berichten über Jesu Erdenleben überhaupt etwas anfangen. Weil wir wissen: Die haben eine Fortsetzung, bis heute.
Die Kraft wirkt, nach wie vor.
Wir sind nicht gezwungen, alles Handeln Jesu zu vergeistlichen und irgendwelche spirituellen Lehren daraus zu ziehen.
Manchmal geht es nach wie vor um Fische oder Rüstungsaktien oder liebe Menschen.
Zweite Erkenntnis
Wichtig sind auch Ort und Zeitpunkt des hilfreichen Erscheinens Jesu.
Es handelt sich hier nicht um eine heilige Stätte, die der Herr mit seiner Gegenwart beehrt.
Es handelt sich um einen Arbeitsplatz, und niemand trägt einen Nadelstreifenanzug. Man trägt nicht das Gottesdienstoutfit, niemand hat sein Deodorant bemüht, und ob die Herren gut gekämmt waren?
Jesus erscheint im grausten Moment des grauen Alltags.
Genaugenommen war das sogar relativ peinlich, dass Jesus ausgerechnet hier und jetzt erschien. Die Jünger hatten einen ziemlichen Misserfolg erlitten. Sie hatten sich die Nacht für nichts um die Ohren geschlagen.
Jesus hätte ja auch bei einem Zeitpunkt großen beruflichen Erfolges erscheinen können. Da steht man dann ja doch irgendwie besser da.
Aber Jesus erscheint genau da, wo die Jünger seinen Beistand nötig haben. Er erscheint nicht irgendwo, wo er eigentlich überflüssig wäre und wo es auch ohne ihn ginge.
Jesus erscheint, obwohl die Jünger in diesem Moment gar nicht mit ihm gerechnet hatten. Sie waren viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt, mit ihren enttäuschten Erwartungen bezüglich des Fischfangs.
Aber Jesus macht sein Erscheinen nicht davon abhängig, ob wir gerade mit ihm rechnen oder ihn erwarten. Er macht es von unserem Bedarf abhängig.
Fehlendes Heer
Bemerkenswert ist, dass die Jünger Jesus nicht an seinem Äußeren erkannten.
Jesus schickte nicht die himmlischen Heerscharen vor sich her, damit sie mit Posaunen und lautem Halleluja seine Ankunft ankündigen. Kein göttliches Licht umgab ihn, an dem man ihn hätte identifizieren können.
Später hat auch der Hebräerbrief (13,2) darauf hingewiesen, dass man gelegentlich aus Versehen Engel beherbergen kann.
Falls Sie gesegnet und in enger Gemeinschaft mit Jesus leben wollen, müssen Sie damit rechnen, dass Jesus in unerwarteter Situation zu unerwarteter Zeit in unerwarteter Weise und unerwarteter Aufmachung erscheint.
Und Sie müssen sich klar darüber sein, dass es nicht die strahlenden Glanzstunden Ihres Lebens sein werden, in denen Jesus auftaucht.
Dritte Erkenntnis
Die dritte Erkenntnis ist die unmodernste.
Nachdem in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts der Begriff des Gehorsams übel missbraucht worden ist, kann man ihn heute kaum noch benutzen, ohne dass er einen miesen Beigeschmack hat.
Es riecht dann immer so nach Abschaltung des eigenen Gehirns und nach dem Gegenteil von Freiheit und Selbstentfaltung.
Allerdings ist in unserem Bericht der Gehorsam die Grundlage des Wunders.
Als Jesus den Fischern sagte, sie sollen das Netz auf der rechten Seite auswerfen, gehorchten sie.
Nur weil sie gehorchten, fingen sie so viele Fische.
Nur weil sie gehorchten, erkannten sie Jesus.
Nur weil sie dem Fremden glaubten, wurden sie gesegnet.
Falls Sie sich also wundern, dass Jesus in Ihrem Leben nie auftaucht – vielleicht liegt es daran?
Vierte Erkenntnis
Die 4. Erkenntnis ist, dass Jesus weder knauserig noch berechnend ist. Fünfzig Fische wären genug gewesen. Wenn die Jünger die 50 Fische verkauft hätten, hätten sie genug Geld für diesen und vermutlich auch für den nächsten Tag gehabt.
Aber wo Jesus seinen Segen ausschüttet, da kann man mit Überfluss rechnen. Dazu gibt es viele Bibelstellen, die hier jetzt alle nicht stehen.
Aber die 153 Fische wären nun wirklich genug gewesen. Man soll es nicht übertreiben.
Doch. Die Jünger bekommen noch ein Frühstück. Der Typ muss vorher noch beim Bäcker gewesen sein.
Fünfte Erkenntnis
Womit wir bei der fünften Erkenntnis sind: Jesus mag diese Leute irgendwie.
Den Pilatus hätte er wahrscheinlich weder beim Fischen geholfen noch ein Frühstück zubereitet.
Wobei die Jünger sich das Frühstück und die Fische nicht verdienen konnten.
Sie konnten keine Gegenleistung bringen, konnten sich nicht revangieren.
Sie brauchten keine Voraussetzungen zu erfüllen, um ein Recht auf die Fische und das Frühstück zu erlangen.
Fische und Frühstück: Geschenkt, einfach so, vermutlich aus Liebe.
Alle Tage
Bekanntlich hat Jesus im gleichen Quartal auch gesagt, dass er bei seinen Jüngern sein wird täglich bis ans Ende der Zeit.
Und dass ihm gleichzeitig alle Macht gegeben ist im Himmel und auf Erden.
Nun wissen Sie, was Sie davon zu erwarten haben: 153 Fische und ein Frühstück, kostenlos und unerwartet.
Oder was auch immer Gott denkt, dass Sie es brauchen.
Guten Appetit!