Johannes 20 - garantiertes Nichterkennen

Heute lernen wir, wie man Jesus überhaupt nicht erkennen kann. Wie man der Wahrheit am zuverlässigsten aus dem Weg geht. Wie man in der Sache mit Gott wirklich überhaupt nicht weiterkommt.

Wir erfahren heute, wie das mit dem Glauben bestimmt nichts wird; wie es sicher nicht funktioniert; wie es vorhersagbar misslingt.

Wir lernen es anhand von Maria Magdalena, die zum engsten Jüngerkreis von Jesus gehörte. Also eine aus dem inneren Zirkel. Eine, die die Reden Jesu gehört hatte. Eine, die mit seiner Lehre vertraut war. Eine, die wirklich auf der Seite Jesu stand.

Darum erscheint sie auch an dem einen ausschlaggebenden Morgen als eine der Ersten am Grab von Jesus.

Joh 20,1-2

1 An dem ersten Wochentag aber kommt Maria Magdalena früh, als es noch finster war, zur Gruft und sieht den Stein von der Gruft weggenommen. 

 2 Sie läuft nun und kommt zu Simon Petrus und zu dem anderen Jünger, den Jesus lieb hatte, und spricht zu ihnen: Sie haben den Herrn aus der Gruft weggenommen, und wir wissen nicht, wo sie ihn hingelegt haben.

Der Leichnam ist also gestohlen worden, das wollen Petrus und Johannes sich dann selbst ansehen. Sie machen ein Wettrennen zum Grab, das Johannes gewinnt, können aber auch nichts anderes feststellen, als Maria Magdalena ihnen gerade schon erzählt hat: Die Leiche ist geklaut.

Als die beiden wieder weg sind, kommt Maria Magdalena wieder zu dem Grab – sie hat bei diesem Wettrennen wohl nicht mithalten können.

Joh 20,11-15

11 Maria aber stand draußen bei der Gruft und weinte. Als sie nun weinte, beugte sie sich vornüber in die Gruft 

12 und sieht zwei Engel in weißen <Kleidern> dasitzen, einen bei dem Haupt und einen bei den Füßen, wo der Leib Jesu gelegen hatte. 

13 Und jene sagen zu ihr: Frau, was weinst du? Sie spricht zu ihnen: Weil sie meinen Herrn weggenommen und ich nicht weiß, wo sie ihn hingelegt haben. 

14 Als sie dies gesagt hatte, wandte sie sich zurück und sieht Jesus dastehen; und sie wusste nicht, dass es Jesus war. 

 15 Jesus spricht zu ihr: Frau, was weinst du? Wen suchst du? Sie, in der Meinung, es sei der Gärtner, spricht zu ihm: Herr, wenn du ihn weggetragen, so sage mir, wo du ihn hingelegt hast! Und ich werde ihn wegholen. 

Also wenn man lernen will, wie das mit dem Glauben überhaupt nicht funktioniert, dann kann man es hier lernen. Wenn man die Wahrheit nicht erkennen will, hier steht es, wie es geht.

Jesus hatte immer wieder erzählt, dass er sterben müsse und nach drei Tagen auferstehen werde. Wir kennen aus den Evangelien drei sogenannte Leidensankündigungen, und wir kennen sogar die Reaktion des Petrus darauf.

Und dass das prinzipiell geht mit der Auferstehung aus den Toten, hatte Jesus bei dem Sohn der Witwe in Nain und bei Lazarus deutlich gezeigt.

Jesus hatte so viel über seine Auferstehung gesprochen, dass sogar die Mitglieder des Hohen Rates das wussten und von Pilatus verlangten, er solle für drei Tage eine Wache vor das Grab stellen, damit die Jünger nicht kommen, um die Leiche zu klauen und dann zu erzählen, der sei auferstanden.

Die Rede von Jesu Auferstehung war also kein Geheimwissen.

Und jetzt steht Maria Magdalena vor dem leeren Grab, und die einzige Idee, die ihr kommt, ist, dass da jemand die Leiche weggetragen hat.

Übrigens ging es 10 Minuten vorher Petrus und Johannes genauso. Die sind nach ihrem Wettrennen auch nicht auf die Idee gekommen, dass Jesus auferstanden sei.

Also Du siehst das leere Grab,  und noch dazu die Leichentücher, das heißt, wenn jemand die Leiche weggetragen hat, hat er sie nackt weggetragen – also das macht keinen Sinn, die Leiche auszuwickeln und die Tücher dazulassen.

Du siehst das leere Grab, und Du siehst nichts.

Den Wald vor lauter Bäumen, nicht wahr.

Und das ist, wie es nicht geht. Das ist, was wir heute lernen. Du hast alle Fakten. Du hast die richtige Lehre. Du hast Jesu Wort, Du hast Verheißungen, Du weißt alles, was Du wissen musst. Aber Du erkennst die Wahrheit nicht.

Man hat die richtige Erkenntnis, die reine Lehre, die richtige Bibel, und dann steht Jesus vor Dir, und Du hältst ihn für den Gärtner.

Auch die Männer, die Jesus auf dem Weg nach Emmaus trafen, erzählten dieselbe Erfahrung. Sie wussten von mehreren Augenzeugen, dass das Grab leer war, und sie hatten von den Frauen gehört, dass die Engel getroffen hatten, die den Frauen gesagt hatten, dass Jesus lebt.

Aber da können die Engel reden, was sie wollen. Das hilft der Wahrheitsfindung überhaupt nicht, und da kommt keine Hoffnung auf. Die Emmausjünger wussten alles, was sie wissen müssen, und es entstand trotzdem überhaupt keine Hoffnung in ihnen.

Und bei Thomas ja genauso. Der war Jünger aus dem engsten Kreis, der war Apostel, der hatte alle Reden von Jesus gehört, der kannte die alttestamentlichen Stellen wie Ps 16,10

10 Denn meine Seele wirst du dem Totenreich nicht lassen, wirst nicht zugeben, dass dein Frommer die Grube sehe.

Er kannte alle Voraussagen, alle Verheißungen, war bei den Totenauferweckungen dabei gewesen, und als die anderen Apostel ihm sagten, dass sie Jesus begegnet sind, hat er es nicht geglaubt.

Also das war jetzt die Message für heute morgen: Wie das mit dem Glauben ganz bestimmt nichts wird. Und die Antwort ist: Du musst alles wissen, jede Information haben, die richtige Bibel, die reine Lehre, alle Erkenntnis, und wenn das dann noch nicht reicht: Recht haben wäre auch eine gute Zutat, um diese ganze Sache mit Jesus gründlich schiefgehen zu lassen.

Und wo jetzt noch etwas Zeit übrig ist, können wir ja auch noch schauen, wie das völlige Unverständnis der ersten Zeugen beseitigt wurde. Wie das mit dem Glauben dann doch noch was werden kann.

Joh 20,16

16 Jesus spricht zu ihr: Maria! Sie wendet sich um und spricht zu ihm auf Hebräisch: Rabbuni! — das heißt Lehrer.

Auf der Sachebene hat Maria Magdalena die Vorgänge nicht verstanden. Sie hatte die richtigen Sachinformationen, aber Gottes Willen zu erkennen war ihr damit nicht möglich.

Aber als Jesus auf die Beziehungsebene geht und sie mit ihrem Namen anspricht, versteht sie es sofort. Theoretisch konnte sie mit der Auferstehung nichts anfangen, aber als Jesus ihr begegnet, ist es sofort klar.

Ähnliches haben wir bei Paulus. Der hatte alle Informationen, die er brauchte, trotzdem verstand er die Sache mit Jesus nicht. Der kannte seine Bibel vorwärts und rückwärts – was man daran sieht, dass er in Damaskus sofort zu predigen anfangen konnte – aber alle die Informationen brachten ihn nicht auf den richtigen Weg.

Aber als Jesus ihn mit Namen anspricht und sich beschwert, sortieren sich die Informationen schlagartig richtig, und Paulus erkennt die Wahrheit.

Bei den Männern aus Emmaus war es genauso. Jesus hat stundenlang auf sie eingeredet und ihnen die biblischen Zusammenhänge erklärt, aber das hat sie nicht von der Auferstehung überzeugt. Sie haben den Mann, den sie nicht erkennen konnten, für die Nacht zu sich nach Hause eingeladen. Losgerannt nach Jerusalem sind sie, als sie erkannt hatten, dass Jesus tatsächlich auferstanden ist. Und das haben sie nicht durch die biblische Beweisführung erkannt, sondern dadurch, dass Jesus sich zu erkennen gab.

Ähnliches bei Nathanael. Als man ihm von Jesus erzählt, sammelt er im Kopf seine Infos zusammen und kommt zu dem Schluss, dass aus Nazareth ja nichts Gescheites kommen kann, schließlich kommt der Messias sowieso aus Bethlehem. Aber als Jesus ihn von dieser Sachebene runterholt und sagt: „Ich kenne dich, du bist in Ordnung, und Du warst der da vorhin unter dem Feigenbaum“, also als Jesus auf die Beziehungsebene geht, da erkennt Nathanael die Wahrheit.

Man könnte also jetzt im Umkehrschluss zur eigentlichen Predigt fragen: „Und wie gelingt das dann mit dem Glauben?“ Und die Antwort ist: „Durch Beziehung.“

Darum heißt das wichtigste Gebot „Du sollst lieben“. Nicht „Du sollst recht haben“.

Allerdings müssen wir hier einer nicht unerheblichen Einseitigkeit das Wort reden. Denn dass der Glaube gelingt, hängt zuerst davon ab, dass Gott zu uns eine Beziehung aufbaut.

Also nicht dass Gott uns mit Wissen füttert. Nicht, dass Gott uns mit Informationen versorgt. Sondern dass Gott uns entgegen kommt, zu uns eine Beziehung aufbaut.

Dass er Maria Magdalena bei ihrem Namen ruft; dem Nathanael sagt, dass er ihn kennt; den Mose mit einem brennenden Dornbusch konfrontiert; einen Engel zu Kornelius schickt; mit Abraham Kontakt aufnimmt; in der Stiftshütte nach Elis Azubi Samuel ruft, und den Gefängnisdirektor von Philippi vor ein zerstörtes Gefängnis stellt.

Es funktioniert nicht, wenn wir von uns aus versuchen, eine Beziehung zu Gott herzustellen. Das freut Gott zwar, wenn wir das versuchen, und wenn wir das mit reinem Herzen und lauteren Absichten versuchen, wird er auch darauf eingehen. Aber wir können Gott nicht zu einer Beziehung zwingen.

Das mussten schon alle die Leute erfahren, die einfach mal von Gott den Beweis haben wollten, ob er existiert. Aber nicht, um ihm dann ihr Leben zu geben, sondern nur dafür, dass ihre Neugier gestillt war; dass sie Bescheid wussten; dass sie informiert waren.

Und das macht Gott nicht. Die Beziehung zu ihm ist von unserer Seite aus nicht verfügbar. Wir können nicht bestimmen, dass Gott jetzt gefälligst mit uns zu reden hat. Dass Gott sich uns zu zeigen hat.

Also das ist sehr einseitig. Wir sind auf Gott angewiesen. Dass er die Beziehung zu uns aufbaut.

Paulus hat mal versucht, es den Korinthern zu erklären, die so sehr stolz waren auf ihre Erkenntnis, auf ihr Wissen, auf ihr Verständnis von Gottes Wort. 1.Kor 8,2-3

2 Wenn jemand meint, er habe etwas erkannt, so hat er noch nicht erkannt, wie man erkennen soll; 

 3 wenn aber jemand Gott liebt, der ist von ihm erkannt.

Beziehung, sagt Paulus, ist weitaus wichtiger als Einsicht.

Dass man Gott liebt, ist viel zentraler, als dass man ihn erklären kann.

Von Henoch, der lange vor Noah gelebt hatte, heißt es nicht „er arbeitete für Gott“.

Es heißt über Henoch auch nicht „er ging wegen Gott irgendwo hin“.

Es heißt von Henoch, „er ging beständig mit Gott“.

Also Gott und Henoch waren miteinander unterwegs. Die haben die Sachen gemeinsam gemacht.

Und das war der Fehler derer, die in der Bergpredigt darauf hinweisen, dass sie für Jesus Kranke geheilt und im Namen Jesu Wunder getan haben und von denen Jesus dann sagt, er kenne sie gar nicht. Sie haben, was sie getan haben, nicht mit Jesus getan. Sie haben das nicht in der Beziehung mit ihm getan. Sie haben das für ihn getan. Oder wegen ihm. Darum fallen sie am Ende durch.

Damit Maria Magdalena ihn erkennen kann, stellt Jesus die Beziehung her. Damit sie die Auferstehung begreifen kann, tritt Jesus ihr gegenüber. Und so funktioniert das mit Jesus immer.

Die Sachebene ist nicht so wichtig, die Beziehungsebene ist das Wichtigste.

Das ist, was Jeremia (31:34) für das neue Gottesreich voraussagt: Dass alle Gott erkennen können. Also nicht dass alle die Informationen bekommen. Das wäre nicht neu. Die nötigen Informationen über Gott waren schon im AT für jedermann zugänglich. Aber dass man Gott tatsächlich erkennen kann, dass man die Beziehung zu ihm aufnehmen kann, das ist das Neue am neuen Bund.

Man kann viel Falsches denken über Gott, das macht nichts. Man kann in Lehrfragen der falschen Meinung sein, das ist nicht so schlimm. Man kann viel Mist bauen. Am Ende hat Jesus den Petrus gefragt „hast Du mich lieb“, und darauf kommt es an.

Dass die Beziehung stimmt. Denn wenn die Beziehung zwischen Gott und einem Menschen stimmt, dann kann Gott diesem Menschen alles das, was der Mensch wissen muss, ohne Probleme mitteilen. Wenn die Beziehung stimmt, dann reden die beiden miteinander.

Darum sagt Jesus auch „ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben“ und nicht „ich gebe euch die Wahrheit“ oder „ich vermittele sie euch“ oder „ich lehre die Wahrheit“. Man braucht nicht notwendigerweise das Wissen, aber man braucht ganz notwendig ihn.

Man hat das Leben nicht, wenn man alle Erkenntnis und alles Wissen und alle Bibelkenntnis und alle biblische Weisheit hat. Das Wissen über Tatsachen bringt einen nicht näher zu Gott.

Was wir von Maria Magdalena lernen, ist:

Man kann die Wahrheit nicht erkennen, ohne Jesus persönlich zu erkennen.

Und was wir von den Emmaus-Jüngern lernen, ist:

Man kann die Wahrheit nicht erkennen, ohne Jesus persönlich zu erkennen.