​Lukas 9, 46-48 nicht nur der Papst

Lukas 9,46–48 (ELB)

46Es stieg aber unter ihnen eine Überlegung auf, wer wohl der Größte unter ihnen sei.

Es geht hier nicht um die theoretische Diskussion der hypothetischen Eigenschaften eines Anführers im Reich Gottes, sondern Jesus hatte gewisse Jünger mit auf den Berg genommen und gewisse nicht, hatte bestimmte Jünger mit in das Zimmer der Tochter des Jairus genommen und gewisse nicht, hatte den Petrus den Felsen genannt, auf den die Gemeinde gebaut wird und stand dem Johannes wohl besonders nahe, und das Geldstück aus dem Fischmaul hat auch der Petrus geholt.

Dabei war aber wohl der Philippus um einiges klüger und der Nathanael um einiges nachdenklicher als der Petrus und der Johannes.

47Als Jesus aber die Überlegung ihres Herzens erkannte, nahm er ein Kind und stellte es neben sich

Bei Markus hat Jesus das Kind in die Arme genommen und es dann in die Mitte der Apostel gestellt. Jetzt stellt er es neben sich.

48und sprach zu ihnen: Wer dieses Kind

Auch ähnlich zu Markus: Das Kind ist definiert.Lukas 9,46

Es geht nicht um irgendein Kind zu irgendeiner Zeit an irgendeinem Ort in irgendeiner Situation aus irgendeinem Grund. Es gut um dieses Kind.

Und dieses Kind wird nicht, wie bei Markus, dadurch definiert, dass Jesus es in den Arm nimmt und es dann in die Mitte der Apostel stellt, sondern das Kind wird dadurch definiert, dass Jesus es neben sich stellt.

Lukas 9,48

48und sprach zu ihnen: Wer dieses Kind aufnehmen wird in meinem Namen, nimmt mich auf, und wer mich aufnehmen wird, nimmt den auf, der mich gesandt hat; denn wer der Kleinste ist unter euch allen, der ist groß.

Und nichts davon, dass man der Diener aller sein muss.

Der Kleinste ist auch nicht der Größte. Er ist nur groß, ohne Steigerungsform. Es können auch andere neben ihm groß sein.

Und es geht um den Kleinsten „unter euch“. Es geht nicht um eine prinzipielle Aufwertung aller gesellschaftlich Geringen.

​Das Kind wird definiert

Das Kind steht für einen Menschen, der in der Gesellschaft wenig Rechte hat und wenig Ansprüche zu stellen hat, dafür aber viel Hilfe braucht. Wenig selber kann.

Ein Mensch, der in Politik und Unternehmertum nicht viel zählt.

Und dieser niedrige Mensch wird jetzt neben Jesus gestellt.

Das ist so, wie wenn man jemanden neben den König stellt.

Das ist eine maximale Aufwertung.

Dieser Mensch ist fast gleichwertig mit dem König, der ihn neben sich stehen lässt.

Und vom Prinzip her sagt die Geschichte, dass wenn Jesus jemanden als mehr oder weniger gleichwertig neben sich stehen lässt, dann haben wir den zu akzeptieren. Als gleichwertig.

​Und nun die Vollmacht

Jetzt wird das hier aber mit einer Art Vollmacht verbunden.

Wir akzeptieren den niedrigen Menschen nicht, weil wir den so gut finden. Nein, der Mensch ist niedrig, vielleicht riecht er schlecht, versteht komplexe Zusammenhänge nicht oder er ist wie eine Kandidatin bei der letzten Betriebsratswahl, die sagte: „Ich lasse mich nur wählen, wenn ich nichts schreiben muss!“

Wir lassen den niedrigen Menschen gleichberechtigt mitmachen, was in der weltlichen Gesellschaft ein Unding wäre:

Man lässt ein Unternehmen nicht von einem Lagerarbeiter leiten. Der sich dann mit den Fallen des Patentschutzes und den Mitbestimmungsgesetzen und der internationalen Marktkapitalisierung herumschlagen darf.

Wir hätten im wirklichen Leben von niemandem die Vollmacht, den Lagerarbeiter in die Konzernführung aufzunehmen. Teilweise gibt es in Deutschland sogar Gesetze, die vorschreiben, dass nur ein Meisterbetrieb ausbilden darf und nicht jemand, der schon seit 25 Jahren die Werkstatt fegt.

Im Krankenhaus darf nur operieren, wer gewisse Papiere hat. Da können wir nicht aushilfsweise den Friseur anheuern.

Von Jesus haben wir die Vollmacht, dass der niedrige Mensch in der Gemeinde gleichberechtigt mitmachen darf, wenn Jesus diesen Menschen neben sich gestellt hat.

Vielleicht wird dieser Mensch etwas dummes sagen.

Vielleicht wird er sich nicht immer angemessen benehmen.

Vielleicht findet er christliche Lieder im Country-Stil besser als diese Paul-Gerhardt-Ödnis.

Und in unserer Gemeinde ist das vielleicht nicht so ganz das aufregende Thema, dass wir alle mitmachen lassen. Aber in der katholischen Kirche gibt es extra die Bewegung „Kirche von unten“, weil man in der Kirchenleitung Angst hat, dass es furchtbar daneben geht, wenn man die Laien mitregieren lässt.

Und hier greift nun die Vollmacht:

Wenn wir diesen Menschen mitmachen lassen und integrieren, weil Jesus ihn neben sich gestellt hat, dann kann es nicht daneben gehen.

Dann ist es nämlich Jesus sein Problem.

Wenn Jesus den tatsächlich neben sich stellt, fast gleichrangig, dann muss sich Jesus auch mit den Konsequenzen auseinandersetzen.Stöpsel

Und das tut er auch, und darin besteht hier die Vollmacht, dass wir, wenn wir den Niedrigen, den Jesus neben sich gestellt hat -

- gell, das Kind war definiert! Nicht irgend einen Niedrigen! - Der Streit ging darum, dass ausgerechnet Petrus und Johannes, zwei Fischer !!!!! -

Wenn wir diesen Niedrigen aufnehmen, dann nehmen wir gleichzeitig Jesus und Gott mit auf.

Und dann ist allen gedient: Dem Niedrigen ist gedient, weil er seinen Glauben ausdrücken darf und tatsächlich Teil des Leibes Christi ist, und den anderen ist gedient, weil sie jetzt mehr Gott in ihrem Kreis haben.

Der Niedrige wird vielleicht nicht sehr intensiv von seinem Verstand geleitet – weil er nicht soviel davon hat. Dann wird er aber umso mehr von Gott geleitet, und das ist hier der Inhalt der Vollmacht, auf den die aristokratischen Gemeindeglieder sich verlassen können.

​Der Teufel gewinnt

Der Teufel gewinnt nicht, wenn dumm gebetet wird oder unverständlich oder unlogisch Zeugnis gegeben wird.

Der Teufel gewinnt nicht, wenn das Gemeindehaus knallrot angestrichen wird, weil irgendwer knallrot so toll findet, oder wenn die Musik recht volkstümlich ist.

Wenn Jesus uns die Vollmacht gibt, einen Niedrigen, den er neben sich gestellt hat, zu erhöhen, dann kann der Teufel nicht mehr gewinnen.

Wenn Jesus einen Niedrigen neben sich stellt, ist der Niedrige genauso groß wie alle anderen, die da stehen.

Und er ist höher als alle, die Jesus nicht neben sich gestellt hat.