Markus 11, 27 – 30 wenn man es weiß

Das ist Ihnen sicherlich auch sofort aufgefallen:

Als Matthäus das gleiche Ereignis berichtet, sind die Schriftgelehrten nicht dabei.

Denn bei Matthäus geht es um die Frage, warum Jesus außerhalb der festgelegten jüdischen Strukturen glaubt, eine Vollmacht zu haben.

Das ist jedoch keine Lehrfrage, sondern eine Machtfrage.

Damit braucht man die Lehrer nicht, wohl aber diejenigen, die die Macht haben.

Hier bei Markus sind die Schriftgelehrten dabei.

Denn hier geht es um den Punkt, wie man sich als gläubiger Mensch zu einer offensichtlichen Vollmacht zu stellen hat.

Meinungsfrage ohne „um“

Zu vielen Dingen auf dieser Welt kann man eine Meinung haben.

Oder man kann es sein lassen.

Zur Klimaerwärmung oder dem aktuellen amerikanischen Präsidenten kann man eine Meinung haben. Positiv oder negativ. Man kann Stellung beziehen, sich positionieren.

Oder man kann sich raushalten.

Damit ist der amerikanische Präsident nicht abgeschafft, und die Diskussion über die Klimaerwärmung hört nicht auf.

Aber man selber zieht sich raus.

Vielleicht, weil das Thema einen nicht interessiert. Nicht wichtig genug erscheint.

Oder weil man sich zu wenig auskennt. Man hat zu wenig Ahnung von der Sache, zu wenig Kenntnis der Fakten. Also traut man es sich nicht zu, sich eine fundierte Meinung zu bilden und selbige auch zu vertreten.

Sich eine Meinung zu bilden ist legitim, und darauf zu verzichten ist ebenfalls legitim.

Position zum Gesandten

Markus 11,27Wenn Gott aber jemanden schickt – jemanden mit Vollmacht, mit Autorität, mit einem göttlichen Auftrag – dann gibt es keine Wahl mehr, ob man sich eine Meinung dazu bilden will oder lieber nicht.

Wenn jemand erscheint, der durch seine Worte oder durch seine Taten den Anspruch erhebt, ein Gesandter Gottes zu sein, dann steht es gläubigen Menschen nicht frei, sich zu positionieren oder es sein zu lassen.

Dann muss man diesem Menschen wehren, wenn man den Eindruck hat, er hat sich die angebliche Vollmacht nur angemaßt.

Wenn jemand behauptet, mit göttlicher Autorität zu sprechen, und man muss davon ausgehen, dass er ein Lügner ist, dann muss man eindeutig Stellung beziehen.

Umso mehr, wenn man Gemeindeleitung ist oder eben die Leitung des jüdischen Volkes.

Denn dann hat man auch noch eine Verantwortung für die anvertraute Herde.

Wenn der, der da mit dem Anspruch von Göttlichkeit auftritt, aber tatsächlich von Gott kommt, dann muss man sich ebenfalls entsprechend positionieren.

Was nicht heißt, dass man ihn anerkennen muss. Anerkennung wäre viel zu wenig.

Man müsste ihm gehorchen.

Die Lage der Fragesteller

Diejenigen, die Jesus hier die Frage stellten, hatten ja eine eindeutige Meinung zu der Sendung des Täufers.

Die Mehrheit des Hohen Rates ging davon aus, dass der Täufer ein Scharlatan war. Ein Revolutionär, der sich selber geschickt hatte.

Diese Meinung trauten sie sich aber dem Volk gegenüber nicht zu vertreten.

Ihr persönliches Wohlergehen war ihnen wichtiger als das Stehen zur Wahrheit. In diesem Fall: Was sie fälschlicherweise für Wahrheit hielten.

Sie hatten Sorge, die Anerkennung des Volkes zu verlieren, wenn sie sagen würde, was sie tatsächlich dachten.

Also positionierten sie sich offiziell gar nicht.

Viel später hat Jesus diese Haltung mal beklagt mit der Formulierung „ach dass ihr heiß oder kalt gewesen wäret! Aber ihr wart lau!“ (Ofb 3,16)

Es geht uns nichts an

Nun hat Markus diese Geschichte nicht aufgeschrieben, damit wir über das Verhalten der jüdischen Führungsriege informiert werden.

Das Verhalten dieser Leute geht uns nichts an, es hat mit uns nichts zu tun.

Sondern diese Dinge sind aufgeschrieben, um uns darüber zu informieren, was wir zu tun haben, wenn jemand mit tatsächlicher oder eingebildeter Vollmacht auftritt.

Göttlicher Vollmacht, wohlgemerkt.

(Bei Regierungsvollmacht oder anderen Rechteinhabern können wir es von alleine. Da brauchen wir keine Bibel, um uns angemessen zu verhalten.)

Wobei es hier bei Markus nicht um die angemaßte Vollmacht geht, sondern um die tatsächliche.

Wenn also in unserer Gemeinde jemand auftaucht, der tatsächlich die göttliche Gabe der Leitung hat (Rö 12,8 + 1.Kor 12,28), dann haben wir dieser Person zu gehorchen.

Das ist nämlich die einzige richtige Reaktion auf Gottes Eingreifen.

Das war schon bei den Propheten des Alten Testamentes so: Obwohl sie außerhalb hierarchischer Systeme standen, verlangte Gott, dass man ihnen gehorchte.

Das war dann auch bei den bevollmächtigten Propheten des Neuen Bundes so: Als der Prophet die Hungersnot vorhersagte, haben die Gläubigen eine Geldsammlung gestartet (Apg 11,28).

Sollte bei Ihnen in der Gemeinde also ein Prophet auftauchen, dann tun Sie besser, was er sagt.

(Logisch: Nachdem Sie geprüft haben, was er von sich gegeben hat.)

Ungehorsam gegen Bevollmächtigte Gottes nimmt deren Auftraggeber sehr persönlich.

Wie unangenehm!

Ihre Magenschmerzen kann ich Ihnen auf diesem Wege allerdings schon prophezeien.Markus 11,28

Denn wenn ein Bevollmächtigter Gottes auftaucht, dann schickt Gott den nicht ohne Grund.

Der soll dann etwas sagen oder tun oder anleiern, das in Ihrer Gemeinde oder in Ihrem Leben nicht üblich ist.

(Wäre es üblich, bräuchte Gott niemanden zu schicken, der auf eine Veränderung dringt. Dann wäre ja alles OK.)

Und natürlich wird Sie das ärgern.

Selbstverständlich liegt Ihnen das dann quer im Magen.

Logisch, dass Sie das erstmal nicht wollen.

Aber wenn Sie versuchen, sich rauszuwinden, so wie der Hohe Rat es hier versucht hat, werden Sie auf jeden Fall verlieren.

Gott kann es nicht haben, wenn Sie dem Teufel keinen Widerstand entgegen setzen.

Aber wenn Sie Gottes Gesandten mit hinhaltendem Widerstand begegnen, das kommt auch ganz schlecht.

Gegenüber göttlicher Vollmacht gibt es nur eine angemessene Reaktion: Gehorsam.

Ende der Durchsage.

Nachtrag für Neugierige

Sie wollen es wahrscheinlich nicht wissen, wie ich darauf gekommen bin, dass Markus diese Geschichte mit dieser Absicht in seine Sammlung aufgenommen hat.

Ich sage es Ihnen trotzdem:

Das zweimalige, sehr harsche „Antwortet mir!“ in den Versen 29 und 30 sowie das Auftreten der Schriftgelehrten gaben die entscheidenden Hinweise.

Die Schriftgelehrten weisen darauf hin, dass es hier um eine Frage der Wahrheit oder der Lehre geht.

Und das „Antwortet mir!“ passt nicht. Das stört den Textfluss, und irgendwie scheint es Jesus nicht angemessen zu sein. Dieses „Antwortet mir!“ dürfte Markus dazugefügt haben, um zu zeigen, worum es ihm hier geht.