Matthäus 10,35 Jesus kam um Streit zu stiften.

Dieser Artikel möchte die Frage beantworten, wozu Jesus eigentlich gekommen ist. Und das ist ja völlig klar, es steht in Matthäus 10,35–36, wo Jesus sagt:

35Denn ich bin gekommen, den Menschen zu entzweien mit seinem Vater und die Tochter mit ihrer Mutter und die Schwiegertochter mit ihrer Schwiegermutter;

36und des Menschen Feinde werden seine eigenen Hausgenossen sein.

Da steht nicht, dass es in Ausnahmefällen mal passieren kann, dass es aufgrund des Glaubens eines Familienmitgliedes zu Verwerfungen kommen kann.

Sondern da steht, dass derartige Zerwürfnisse eines der Ziele sind, die Jesus erreichen will.

Da steht nicht: „Wenn es dumm läuft, kommt es zu heftigem Streit.“

Sondern da steht, dass dieser Streit Programm ist. Jesus ist gekommen zu dem Zweck, dass dieses passiert.

Dem Matthäus ist hier auch kein Fehler unterlaufen, denn Lukas hat die gleiche Aussage (Lk 12,52), er hat sie aber anders formuliert, die beiden haben also nicht von der gleichen Quelle abgeschrieben.

Bei Lukas ist es absolute Zwangsläufigkeit, dass dieser Streit passiert. Wenn das nicht passiert, ist was falsch.

Bei Matthäus ist es die Absicht Jesu, dass der Streit entsteht, womit ebenfalls gesagt ist, dass die Dinge nicht in Ordnung sind, wenn das nicht passiert.

Dieser Artikel will einen, aber nur einen Grund beschreiben, warum Jesus derartig heftige Kontroversen für notwendig hält.

1. Die Wahrheit über das Friedensreich

Die Apostel erwarteten ein Friedensreich, das Reich Gottes. Und um die Stellung der Jünger während dieses Gottesreiches geht es in diesem Abschnitt bei Matthäus.Matthaeus 10,35

Das Problem ist: Man kann das aktuelle Friedensreich nicht beschreiben. Das Reich Gottes entzieht sich jeder Klassifizierung, jeder Einordnung, jeder einigermaßen vernünftigen Betrachtung.

Was schlicht daran liegt, dass es ein übernatürliches Reich ist.

Und Übernatürliches kann man nicht beschreiben, genauso wenig wie Parapsychologisches oder andere Dinge, die unser naturwissenschaftliches Verständnis überschreiten.

Man kann ja schon nicht beschreiben, wie das ist, wenn man unsterblich verliebt ist. Da besteht einzig der Vorteil, dass die meisten Menschen schon einmal unsterblich verliebt waren und darum aus Erfahrung wissen, wie das ist. Aber einem Menschen, der das nie erlebt hat, kann man das nicht beschreiben.

Man kann höchstens die Wirkungen beschreiben, die dieser Zustand hervorruft:

  • Man schläft schlecht

  • man denkt immer nur an den einen Menschen

  • man kann sich nicht konzentrieren

  • man ist irgendwie gar nicht mehr man selber

Die Wirkungen lassen sich beschreiben, aber die Sache an sich nicht.

2. Eine der Wirkungen: Das Böse gerät in Panik

Und genau das Gleiche haben wir mit dem Reich Gottes, nur dass das noch viel umfangreicher und weitreichender ist als unsterbliche Verliebtsein.

Das neue Reich, das Jesus gebracht hat, ist an sich nicht zu beschreiben.

Das war auch schon die Antwort Jesu an die Pharisäer Lukas 17,20–21 (ELB)

20Und als er von den Pharisäern gefragt wurde: Wann kommt das Reich Gottes?, antwortete er ihnen und sprach: Das Reich Gottes kommt nicht so, dass man es beobachten könnte;

21auch wird man nicht sagen: Siehe hier! Oder: Siehe dort! Denn siehe, das Reich Gottes ist mitten unter euch.

Weil man das Reich Gottes an sich nicht beschreiben kann, darum beschreibt die Bibel uns dieses Reich meistens über seine Wirkungen.

Und eine der Wirkungen, die das Reich Gottes hervorruft und um die es heute gehen soll, ist, dass das Böse beim Auftauchen des Gottesreiches in Panik verfällt, mit aller Macht das Gottesreich zu behindern versucht und es darum zu heftigen Konflikten kommt.

Wobei das Böse nicht die Mafia ist.

Und nicht die Regierung oder eine uns unliebsame Partei.

Die Bösen sind nicht die Rechtsradikalen, die Terroristen, die georgischen Einbrecherbanden, die ausbeuterischen Großunternehmen oder Putin, Trump und Erdogan.

Wer hier in Matthäus 10,35 auf höchste erregt ist und einen heftigen Streit anzettelt, ist

  • mein Sohn

  • mein Vater

  • meine Tochter

  • meine Mutter

  • meine Schwiegermutter

  • meine Schwiegertochter

Das Böse, sagt Jesus, ist das Normale.

Das Böse ist das Anständige. Das Wohlerzogene. Das gesellschaftliche anerkannte.

Das Nahe, nicht das Ferne.

Das Selbstverständliche, nicht das Außergewöhnliche.

3. Wir reden wir über Erwin

Reden wir mal über den Erwin.

Der Erwin ist 66 Jahre alt und ist verheiratet mit Mathilda, die ist 62. Der Erwin bezeichnet sich als Christ, die Mathilda nicht.

Die beiden haben ein schönes Haus mit Garten in Dossenheim und ein Ferienhaus im Berchtesgadener Land.

Erwin hat eine vernünftige Rente, Mathilda arbeitet noch als Lehrerin.

Die beiden haben zwei Kinder, zum einen die Luise, die wohnt in Winsen an der Luhe und hat Mann und Kinder, und einen Sohn, der wohnt in der Nähe von Karlsruhe und hat auch Frau und Kinder.

Finanziell haben Erwin und Mathilda ausgesorgt. Sie sind nicht stinkend reich, aber sie brauchen auch nicht zu sparen.

Und jetzt hat der Teufel ein Programm aufgelegt, das lautet: „Wie halten wir Erwin vom Gottesdienst fern?“

Was wird der Teufel machen, um den Erwin aus dem Gottesdienst rauszuhalten?

Wird er Erdbeben nach Erdbeben schicken, dass Straßen und Wege kaputt sind?

Wird der Teufel Vulkanausbrüche produzieren, damit Lava dem Erwin den Weg versperrt?

Wird der Teufel die Chinesen einmarschieren lassen, die dann den Erwin in die mongolische Steppe verschleppen?

Wie wird der Teufel es schaffen, den Erwin aus dem Gottesdienst rauszuhalten?

Werden marodierende Terroristenbanden das Land durchziehen, so dass der Erwin sich nicht mehr vor die Haustür traut?

Wird der Teufel dem Erwin eine furchtbare Krankheit schicken, die den Erwin ans Bett fesselt?

Wird der Teufel die Dinge so drehen, dass der Erwin ungerechtfertigter Weise wegen des Missbrauchs seiner Enkelkinder angezeigt wird und darum für 2 Jahre in Untersuchungshaft sitzt, bis er freigesprochen wird, aber dafür dann 2 Jahre nicht im Gottesdienst war und sich hinterher aus Peinlichkeit nicht mehr hintraut?

Was sagt Matthäus 10,35, was der Teufel machen wird, um den Erwin vom Gottesdienst wegzuhalten?

3.1. Patricks Geburtstag

Der Enkel vom Erwin aus der Nähe von Karlsruhe hat Geburtstag, wird 8. Der Patrick. An einem Sonntag. Also veranstalten die Eltern am Vormittag einen Brunch für die Verwandtschaft und am Nachmittag den Kindergeburtstag mit den Schulfreunden.

Jetzt sagt der Erwin, er will aber in den Gottesdienst. In Heidelberg.

Originalton Schwiegertochter: „Da wird der Patrick aber sehr enttäuscht sein, wenn sein Opa nicht zu seinem Geburtstag kommt. Dass Du ihm das antun willst, ihn so traurig zu machen, nur wegen dem Gottesdienst.“

Zusatz Mathilda: „Du kannst doch nicht den Geburtstag Deines Enkels schwänzen! Der wird nur einmal 8! Du versündigst Dich!“

Nun, wo wird der Erwin am Sonntag sein?

3.2. Luise kommt

Die Tochter von Erwin kommt auf ein verlängertes Wochenende zu Besuch. Sie wohnt in Winsen an der Luhe, das ist bei Hamburg. Die Kinder sind mit dem Vater auf irgendeiner Freizeit, sie hat Zeit. Am Sonntag will der Erwin in den Gottesdienst gehen.

Luise: „Papa, ich habe den weiten Weg von Norddeutschland hierher gemacht, um Zeit mit Dir zu verbringen, und du gehst in den Gottesdienst und lässt mich hier allein sitzen? Das ist ja wohl mehr als nur unhöflich! Dann brauche ich ja nicht mehr zu kommen, wenn du sowieso nicht da bist, weil du besseres zu tun hast als mit deiner Tochter zusammen zu sein!“

Der Erwin kommt nicht auf die Idee, der Luise zu sagen, sie könne ja mitkommen in den Gottesdienst, dann würde man auch Zeit zusammen verbringen. Ist vielleicht besser so. Denn dann hätte er wieder Matthäus 10 Vers 35.

Wer ist am Sonntag nicht im Gottesdienst?

3.3. Luise braucht das Auto.

SchwimmbadDann will die Luise mit ihrer Familie für drei Wochen nach Südfrankreich, und sie wollen noch zwei andere Kinder mitnehmen. Da ist ein Auto natürlich ein bisschen knapp. Also leiht die Mathilda ihr für die drei Wochen das Dossenheimer Auto.

Jetzt hat der Erwin also am Sonntag kein Auto. Wie kommt er nun von Dossenheim nach Heidelberg zum Gottesdienst?

Man könnte mit der OEG fahren. Aber in der OEG sitzen Sonntags alle die Leute, die nicht genug Geld haben, um sich ein Auto zu kaufen. Die Unterschicht. Das Pack, das sich nicht benehmen kann. Da fährt der Erwin nicht mit.

Der Erwin könnte ein Taxi nehmen. Kostet 25 Euro hin und 25 Euro zurück. Würde die Familienkasse gar nicht merken, Erwin und Mathilda haben genug Geld. Und wenn der Erwin einmal mit der Mathilda essen geht, kostet das auch 50.-€. Und Essen gehen natürlich ist 50.-€ wert, aber dem Jesus sein Gottesdienst?

Das Jahr vor Corona waren Erwin und Mathilda auf so einer Kulturreise nach Italien und Slowenien und Serbien, die hat 4000.-€ gekostet. Für den gleichen Betrag kann man 20 Monate mit dem Taxi zum Gottesdienst fahren. Aber ist jetzt auch irgendwie ein blöder Vergleich, oder?

3.4. Formel 1

Dann ist Formel 1 Rennen in Singapur. Das ist wegen der Zeitverschiebung bei uns Vormittags zur besten Zeit. Und natürlich am Sonntag. Und die Enkelkinder aus Winsen an der Luhe sind da und wollen nun mit dem Opa Formel 1 gucken.

Die Enkelkinder sind selten da, und Formel 1 mit denen ist ja auch ein Erlebnis. Gottesdienst ist jeden Sonntag, den kann man auch einmal ausfallen lassen. Und wie soll man den Enkelkindern erklären, dass man Gott lieber hat als sie? Ach so, hat man ja gar nicht.

3.5. Sonstiges

Ich glaube, ich kann es mir sparen, zu erzählen

  • von der Sternwanderung des Odenwaldklubs, zu der Mathilda die beiden angemeldet hat und die natürlich Sonntags vormittags losgeht.

  • von der Corona-Impfung von Mathilda, wo Mathilda nicht alleine hingehen konnte („Du lässt mich da nicht alleine! Wenn mir was passiert! Wenn Du mich da alleine lässt und ich kriege einen allergischen Schock, das verzeihe ich dir nie!“). Nicht, dass Mathilda schon jemals einen allergischen Schock bekommen hätte, aber irgendwann ist immer das erste Mal, nicht wahr?

  • von dem Kopfweh Sonntags Morgens um 8:30 Uhr – ich rede hier nicht von einem Migräneanfall, sondern von ganz normalem Kopfweh, das man gelegentlich bekommt – und nun gut, der Erwin hat dann auch eine Tablette genommen, und das Kopfweh war um 9:30 folglich auch weg – aber wir wollen doch nicht Kamikaze spielen!

  • Von der Hochzeit von Mathildas Nichte, die zwar an einem Samstag war und in der Pfalz, aber man war recht spät nach Hause gekommen, und da war man doch noch recht müde am nächsten Morgen, und Gottesdienst ist ohnehin jeden Sonntag. Nach sieben Stunden Schlaf schon wieder aufstehen, und das nur wegen Gott seiner Gemeinde, ist vielleicht doch etwa übertrieben.

  • Von der 5-Tage-Reise in die Rhön, wo man natürlich Sonntags vormittags losfahren muss, weil da wenig Verkehr ist.

3.6. Die Konkurrenz

Und dann muss man ja noch bedenken, dass der Erwin in Konkurrenz steht. Der will ja gemocht werden. Von seiner Frau, von seinen Kindern, von seinen Enkelkindern.

Der Erwin will ja vielleicht auch ein gewisses Maß an Einfluss haben. Und um Einfluss zu haben, ist Anwesenheit ziemlich nützlich.

Und dann steht der Erwin ja auch in Konkurrenz mit den anderen Großeltern und mit vielen anderen Menschen und Attraktionen, die um die Aufmerksamkeit der Kinder und Enkelkinder buhlen. Und der Erwin will ja auch wichtig sein, so irgendwie. Aber wenn er Sonntags Vormittags immer nicht da ist, überlässt er das Feld ja kampflos den anderen.

Und dann ist der Erwin ja auch nicht mehr der Jüngste. Was ist denn, wenn der Erwin mal so richtig alt ist und wenn ihn dann keiner mehr mag? Also außer Gott, aber was willste mit dem? Wenn die dann alle sagen: „Du hast nie Zeit für uns gehabt, und jetzt sollen wir Zeit für dich haben?“

4. Folgen

Das Ergebnis ist, dass der Erwin im Schnitt nur einmal im Monat im Gottesdienst auftaucht.

Und der Erwin sagt: „Die Predigt kann ich mir ja auch im Internet anhören, und sonst passiert ja nichts im Gottesdienst.“

Auf die Idee, dass im Gottesdienst nicht passiert, weil da nur die sitzen, die nichts Besseres zu tun hatten – da sitzen alles Leute, die sich den Gottesdienst nicht erkämpfen mussten – auf die Idee kommt der Erwin nicht.

4.1 Der Gewinn

Der Teufel hat jetzt drei Gewinne auf einmal gemacht:

  • Zum einen hat er den Erwin vom Gottesdienst ferngehalten. Das ist schonmal alleine nicht schlecht. Das war ja auch die primäre Absicht des Teufels.

  • Dann können Mathilda und Luise und alle die anderen sehr befriedigt mit dem Kopf nicken. So wichtig, wie der Erwin immer behauptet hat, ist das mit der Gemeinde und dem dazugehörenden Gott gar nicht, und die Mathilda und die Luise haben schon die richtige Wahl getroffen, als sie Gott links liegen ließen, denn jetzt sieht man es ja sogar am Erwin.

  • Wenn der Erwin mal tot ist und die Enkelkinder 35 oder 40 Jahre als sind, werden sie sagen: „Der Opa hat zwar immer erzählt, wie wichtig Gott ist, und er hat uns immer diese biblischen Geschichten vorgelesen, aber im Zweifelsfall waren immer wir wichtiger und die Entscheidungen von Mathilda. Gott war ein netter Nebeneffekt im Leben unseres Opas, aber sein Leben gegeben hätte er für uns, nicht für Gott.“

  • Und der Teufel hat es geschafft, die Gemeinde zu demoralisieren. Die anderen Gläubigen dürfen sich Sonntag für Sonntag anhören, dass der Erwin etwas Besseres zu tun hat. Natürlich etwas Besseres, denn wenn der Gottesdienst und die Gemeinde das Bessere wären, wäre der Erwin ja hier. Die Gemeinde mutlos machen, nicht etwa durch schreckliche Feinde, sondern durch ihre eigenen Leute. Eine super Strategie!

5. Zusammenfassung

Und wegen dieser Strategie des Teufels sagt Jesus in Matthäus 10,34–36 (ELB)

34Meint nicht, dass ich gekommen sei, Frieden auf die Erde zu bringen; ich bin nicht gekommen, Frieden zu bringen, sondern das Schwert.

35Denn ich bin gekommen, den Menschen zu entzweien mit seinem Vater und die Tochter mit ihrer Mutter und die Schwiegertochter mit ihrer Schwiegermutter;

36und des Menschen Feinde werden seine eigenen Hausgenossen sein.

Jesus ist also nicht um des lieben Friedens willen gekommen, sondern wegen des Gegenteils.

Und das ist so, weil das Normale das Böse ist.

Was logisch ist, denn das Reich Gottes ist das Übernatürliche, das Unnormale.

Die Bergpredigt und die sonstigen Reden Jesu fordern zu unnormalem Verhalten auf, nicht zu normalen.

Und wenn Jesus über den Glauben spricht, spricht er über unnormales Verhalten, nicht über normales: Auf dem Wasser gehen, Berge versetzen, 5000 Leute mit einer Schüssel voller Essen satt machen, fruchtlose Feigenbäume verdorren lassen, das Netz zur falschen Tageszeit an der falschen Stelle auswerfen, und gegen jede Hoffnung so lange hinter Jesus herlaufen, bis er einen geheilt hat.

Das Unnormale soll man nicht in den drei heldenhaften Momenten eines achtzigjährigen Lebens tun und auch nicht am Tage der Kaiserkrönung, sondern jeden Tag.

Nicht während grandioser stimmungsvoller Momente, sondern während durchschnittlicher Augenblicke und mittelmäßiger Situationen.

Und natürlich gibt das Ärger.

Aber genau so, sagt Jesus, war es gedacht.