Matthäus 22,01-14 - niemanden interessiert der Grund

Gut, dass Sie da sind.

Wir müssen mal über Ihre Berufung und Ihre Erwählung reden.

Da ist nämlich bei weitem nicht alles so, wie Sie das gerne hätten.

Wobei die Message ursprünglich an die allerhöchste Spitze des jüdischen Volkes ging, nämlich an die Hohepriester und an die Mitglieder des hohen Rates (siehe Mt 21,23). Allerdings brauchen Sie jetzt nicht zu denken, Sie ginge es deshalb nichts an. Weil Sie gesellschaftlich nicht so hoch positioniert sind.

Doch, Sie sind auch gemeint.

Mt 22,1-14

1 Und Jesus begann und redete wieder in Gleichnissen zu ihnen und sprach:

2 Mit dem Reich der Himmel ist es wie mit einem König, der seinem Sohn <die> Hochzeit bereitete.

3 Und er sandte seine Knechte aus, um die Eingeladenen zur Hochzeit zu rufen; und sie wollten nicht kommen.

Nehmen Sie bitte zur Kenntnis, dass das hier nicht irgendeine Party ist.

Was hier stattfinden soll, ist kein beliebiger Event.

Sondern es ist das höchste Fest, das in einem Staat stattfinden kann.

Folglich handelt es sich um die bedeutendste Einladung, welche diese Leute jemals bekommen haben.

Wir würden heute vielleicht sagen, dass eine Einladung zur Hochzeit des Sohnes von Herrn Steinmeier oder Herrn Scholz nicht so großartig ist wie wenn es sich um die Hochzeit eines Abkömmlings von Königin Sylvia oder König Charles oder des Papstes handelt. Der Glanz der nicht demokratischen Herrscherhäuser überstrahlt bei uns die Ausstrahlung von Personen, die Posten bekleiden, welche jeder und jede einnehmen kann.

In dieser Geschichte ist es so gedacht, dass es die glanzvollste Einladung ist, die man im Leben überhaupt bekommen kann.

Es gibt im Leben sicher Einladungen, wo man nicht hingeht, weil man das Gesülz von Frau Schulze-Meyer nicht hören will und auf das dumme Gesicht von Onkel Erwin keine Lust hat. Das sind Einladungen, wie sie immer wieder kommen und wo man nicht befürchten muss, dass man irgendwas verpasst.

Hier haben wir aber eine völlig einmalige Einladung, das größte Ereignis, zu dem man im Leben eingeladen werden kann.

Und die Eingeladenen hatten die Einladung schon vor Wochen bekommen, und jetzt war der Termin des Festes da, und sie wollten nicht kommen.

Und natürlich geht es hier erstmal um die Juden der damaligen Zeit, die von Johannes dem Täufer und von Jesus eingeladen worden waren.

Ein Zeitsprung

Jetzt springt die Anwendung ein bisschen in der Zeit, denn jetzt werden andere Knechte geschickt, um die Israeliten doch noch zum Kommen zu bewegen. Geschichtlich handelt es sich hierbei um die Apostel und die ersten Christen, die Geschichte spielt also nach der Auferstehung Jesu.

4 Wiederum sandte er andere Knechte aus und sprach: Sagt den Eingeladenen: Siehe, mein Mahl habe ich bereitet, meine Ochsen und mein Mastvieh sind geschlachtet, und alles ist bereit. Kommt zur Hochzeit!

Jetzt ist es also wirklich dringend. Jetzt kann man nicht mehr warten. Sonst wird das Essen kalt. Nach Jesu Auferstehung gab es für die Juden keine Bedenkzeit mehr. Jetzt geht die Hochzeit los.

5 Sie aber kümmerten sich nicht <darum> und gingen weg, der eine auf seinen Acker, der andere an seinen Handel.

Der Sohn des Königs heiratet, man ist eingeladen, aber man hat Besseres oder Wichtigeres zu tun. Man lässt den König mit seinem Ochsen am Spieß einfach sitzen. Das ist schon allerhand.

Allerdings passiert diesen Leuten nichts. Der König tut denen nichts. Wer nicht kommt, der bleibt halt weg.

6 Die Übrigen aber ergriffen seine Knechte, misshandelten und töteten sie.

Das haben wir dann bei Stephanus oder bei Jakobus, Bruder der Johannes, gesehen. Es gab Leute, die hassten die Einladung des Königs so sehr, dass sie brutal vorgingen – nicht gegen den König, an den kamen sie ja nicht ran. Aber gegen die Abgesandten des Königs.

Folglich erzählt das Gleichnis an dieser Stelle die Geschichte von der Zerstörung Jerusalem im Jahr 70. Dass hier die römische Armee als Truppe des Königs benannt wird, ist nichts Besonderes. Auch Nebukadnezar musste für Gott arbeiten.

7 Der König aber wurde zornig und sandte seine Truppen aus, brachte jene Mörder um und steckte ihre Stadt in Brand.

Die neuen Gäste

Wer nun gedacht hat, die Hochzeit fällt aus, weil die Eingeladenen nicht kommen wollten, oder die Hochzeit werde nun im kleinen Kreis gefeiert, sozusagen im privaten Rahmen, der irrt. Der König lässt sich sein Konzept nicht von der seltsamen Einstellung der Eingeladenen vermasseln.

8 Dann sagt er zu seinen Knechten: Die Hochzeit ist zwar bereit, aber die Eingeladenen waren nicht würdig.

Dabei waren diese Eingeladenen ja eigentlich die Elite. Diese Eingeladenen hatten sozusagen ein exklusive Recht auf diese Einladung. Der Sohn Gottes kam aus den Juden und für die Juden. Sie waren das auserwählte Volk, und wenn jetzt diese Hochzeit war, dann hatten sie das Recht auf eine Einladung. Und ansonsten hatte niemand dieses Recht.

Aber ein Recht, das man nicht haben will, das nützt einem dann auch nichts.

9 So geht nun hin auf die Kreuzwege der Landstraßen, und so viele immer ihr finden werdet, ladet zur Hochzeit ein.

10 Und jene Knechte gingen aus auf die Landstraßen und brachten alle zusammen, die sie fanden, Böse wie Gute. Und der Hochzeitssaal wurde voll von Gästen.

Während es vorher eine Auswahl unter den Eingeladenen gab, also eine Qualitätsprüfung, gibt es so etwas jetzt nicht mehr. Zu der Hochzeit erscheinen nun Gute wie Böse. Die Herkunft der Leute ist egal, ihre Lebensgeschichte ist uninteressant, ihr Charakter interessiert niemanden. Es gibt kein Auswahlverfahren.

Damit ist aber auch gesagt, dass es auf religiöse Bildung nicht ankommt. Es ist unerheblich, ob man Moses Gesetz gehorcht oder nicht. Das Gesetz des alten Testamentes ist damit überschritten. Diejenigen, die zuerst eingeladen waren, waren alles welche, die dem Gesetz des Mose unterstanden. Darum hatten die auch ein Recht auf die Einladung. Wenn aber die, die ein Recht auf die Einladung haben, nicht kommen wollen, dann geht es eben nicht mehr nach Recht, sondern die Einladung geschieht jetzt aus Gnade.

Was hier beschrieben wird, ist die Situation nach Jesu Auferstehung. Seit diesem Moment kann jeder Mensch auf der Erde zu Gottes großem Fest eingeladen werden, ohne Rücksicht auf seinen gesellschaftlichen Stand oder seine Vergangenheit oder seinen Charakter.

Die Frage des Königs

11 Als aber der König hereinkam, die Gäste zu besehen, sah er dort einen Menschen, der nicht mit einem Hochzeitskleid bekleidet war.

Nochmal zur Erinnerung: Wir haben hier nach wie vor das höchste Fest, das in diesem Land vorstellbar ist. Das größte gesellschaftliche Ereignis, den glanzvollsten Event, die herrlichste Feier, einen nicht zu überbietenden Vorgang.

Und jetzt sitzt da einer ohne Frack. Ohne Smoking. Offenbar in Jogginghose und Schlabberpulli.

So kann man noch nicht einmal zur Oskar-Verleihung gehen!

Da dieses Outfit ja doch sehr auffällig ist, stellt der König dem Hochzeitsgast jetzt eine Frage.

Aber er fragt nicht: Warum hast Du keinen Smoking an?

Der König fragt nicht nach dem Motiv.

Wenn der König nach dem Grund für die falsche Kleidung fragen würde, dann hätte der Gast eine Reihe von Möglichkeiten, zu antworten:

  • Ich bin zu arm, ich kann mir teure Klamotten nicht leisten.

  • Wegen deinem blöden Sohn laufe ich doch nicht mit dem unbequemen Frack rum!

  • Meine Frau hat den Smoking nicht gebügelt.

  • Ich bin ein Rebell und widersetze mich allen Regeln und Erwartungen.

  • Mich kotzt dieses ganze spießbürgerliche Gehabe so dermaßen an!

Und so weiter; Ihrer Vorstellungskraft sind hier keine Grenzen gesetzt.

Aber der König fragt nicht nach dem Motiv. Der Grund für die unpassende Kleidung ist dem König völlig egal.

Der König fragt nach dem Recht.

12 Und er spricht zu ihm: Freund, wie bist du hier hereingekommen, da du kein Hochzeitskleid hast? Er aber verstummte.

Der König fragt: Mit welchen Recht sitzt du da am Tisch?

Wie bist Du am Türsteher vorbeigekommen?

Wer hat Dir erlaubt, so zu kommen?

Woher nimmst Du das Recht, vom Festmahl zu essen, ohne festlich gekleidet zu sein?

Keine Antwort

Logischerweise weiß der schlecht gekleidete Gast nichts zu antworten.

Er hatte kein Recht, in Jogginghose und Schlabberpulli dem Fest beizuwohnen.

Er hatte zwar eine Einladung, aber das Recht, dabei zu sein, wurde nur aktiviert, wenn man sich auch entsprechend anzog. Die Einladung und das Hingehen führten noch nicht zu dem Recht, auch dabei sein zu dürfen.

Denn mit der festlichen Kleidung ehrt man den König. Man ehrt die Einladung. Man ehrt den Event. Man anerkennt die Bedeutung des Gastgebers und die Bedeutung des Vorgangs.

Wenn man Jogginghose und Schlabberpulli dahin geht, dann drückt man damit aus, was man von der Veranstaltung hält. Und vom Gastgeber. Und von dessen Sohn.

Und da wäre man besser gar nicht erst gekommen. Denn denen, die gar nicht erst kommen, denen passiert nichts. Aber wer so schlecht angezogen kommt, dem geht es so dreckig, wie seine Klamotten sind:

13 Da sprach der König zu den Dienern: Bindet ihm Füße und Hände, und werft ihn hinaus in die äußere Finsternis; da wird das Weinen und das Zähneknirschen sein.

Wir stehen wieder vor der Tatsache, dass das, was wir landläufig „die Hölle“ nennen, nicht für die Ungläubigen ist und nicht für die Moslems, sondern für die Gläubigen.

Wer auf den Bräutigam wartet, aber kein Öl mitnimmt; wer 250.000 Euro übertragen bekommt, aber nichts damit anfängt; wer keinen Glauben hat wie der Hauptmann für seinen Diener (Mt 8,12); wer als Knecht Gottes seine Mitknechte schlägt (Mt 24,51); oder wer auf die Hochzeit des Königssohnes geht und nicht entsprechend gekleidet ist.

Die beantwortete Frage

Die Juden und auch viele Christen heute fragen sich ja: Wenn das Gesetz abgeschafft wird - wenn es also gar keine Regeln mehr gibt und im Grunde jeder machen kann, was er will – wenn nur noch die Gnade maßgebend ist - gibt es dann gar keinen Stil mehr, keine Haltung, keine Erwartung an die Gläubigen?

Und die Antwort ist: Doch, es gibt sie. Die Erwartung ergibt sich aber nicht aus irgendwelchen Regeln, sondern aus der Qualität der Veranstaltung heraus.

Die Erwartung entsteht daraus, dass wir zum größten Ereignis der Weltgeschichte geladen sind. Zum phänomenalsten Event aller Zeiten, zum höchsten König aller hohen Könige, zum bedeutendsten Vorgang, den es jemals gegeben hat.

Wir erleben mit unserer Einladung zu Gott das Grandioseste, was man erleben kann. Es ist das Highlight aller Highlights, das in unser Leben eindringt. Die Sache ist völlig einmalig, unvergleichlich, unwiederholbar.

Und da geht es nicht, dass man sich mit Alltagsgedanken an den Tisch setzt.

Da kann man nicht normal sein und so tun, als wenn nichts wäre.

Da kann man nicht so leben als wenn es außer Durchschnittlichkeit nichts gibt.

Paulus hat später daraus gemacht, dass man den neuen Menschen anziehen soll. Nicht schlecht formuliert.

Letztlich geht es um Anpassungsfähigkeit. Aber nicht um Anpassungsfähigkeit an die gesellschaftliche Normalität, sondern Anpassungsfähigkeit an Gott und an sein Reich.

Des Gleichnisses letzter Satz

Der letzte Satz des Gleichnisses soll ja eigentlich die Quintessenz aus dem Gleichnis ziehen.

Stattdessen verärgert er unser deutsches Sprachverständnis.

Denn der letzte Satz benutzt den Begriff „Berufung“ ganz altmodisch. So, wie er heute noch an Universitäten verwendet wird, wo man auf eine Professur berufen wird, aber diese Berufung ist nur die Einladung. Wer berufen ist, hat den Job noch lange nicht. Er muss die Berufung annehmen.

14 Denn viele sind Berufene, wenige aber Auserwählte.

Heißt also: Viele sind eingeladen, und eine ganze Menge sind auch gekommen.

Aber auserwählt, tatsächlich bei dem Fest dabei sein zu dürfen, sind nur wenige.

Unter Christen hat es sich eingebürgert, unter der Erwählung durch Gott so etwas zu verstehen, wo Gott vom Himmel auf die Erde schaut und dann willkürlich auf irgendwelche Menschen zeigt und sagt „erwählt!“. Und auf andere zeigt er nicht, und die sind dann eben nicht erwählt. Es sieht immer danach aus, als wenn Gott würfelt, wer ihn nun erkennen darf und wer nicht.

Jesus definiert in seiner Geschichte die Auserwählung aber ganz anders: Geh zur Feier, eingeladen bist du sowieso, und kleide dich angemessen. Und schon darfst du dabei sein. Schon bist du auserwählt.

Ob wir auserwählt sind, hängt also nicht an Gottes Würfelei.

Ob wir auserwählt sind, liegt an uns, am passenden Outfit:

  • angemessenes Denken

  • adäquater Umgang mit dem Geld

  • stimmige Barmherzigkeit

  • der Feier entsprechende Großzügigkeit

  • gebührende innere und äußere Haltung

  • eine Persönlichkeit, die in allen Lebensbereichen den Gastgeber des Festes ehrt.

Die Entscheidung, ob wir jetzt und heute bei dem herrlichsten Ereignis aller Zeiten dabei sein dürfen, liegt ganz alleine an uns.

Denn die Einladung haben alle bekommen.

Und wer diesen Artikel bis hierher gelesen hat, ist der Einladung wahrscheinlich auch gefolgt.

Aber das Lebensdesign entscheidet, ob man wirklich was von der Feier haben kann.

Und nicht vergessen: Es gibt keine akzeptable Ausrede für Jogginghose und Schlabberpulli.