Matthäus 21,18+19 armer, armer Feigenbaum!

Erstens:

Die Geschichte spielt an Ostern, und sie spielt in Palästina.

In Palästina kann man an 10 Monaten im Jahr reife Feigen pflücken. Nur im Dezember und Januar, wenn der Feigenbaum die Blätter abwirft, da hat man schlechte Karten.

Und die Feigen, die im November schon unreif am Baum sind, überwintern unreif und reifen im Frühjahr.

Man hätte an diesem Feigenbaum Feigen erwarten können.

Nur Blätter, das ist zu wenig.

Zweitens:

Dieser Feigenbaum stand alleine. Da waren keine anderen Feigenbäume drumrum. Das war keine Allee aus Feigenbäumen, und einer von denen hatte keine Früchte.

Das war auch kein Wald aus Feigenbäumen, wo alle fruchtbar waren, nur der eine nicht.

Nein, der Feigenbaum stand alleine da, darum haben die Apostel ihn am nächsten Tag auch wieder erkannt, wie man im Markusevangelium nachlesen kann. Jesus konnte für sein Frühstück nicht auf einen anderen ausweichen.

Drittens:

Dieser alleinstehende Feigenbaum hätte jetzt, nicht gestern – nein, jetzt, auch nicht morgen -  also darum geht es hier. Es geht hier nicht darum, dass dieser Feigenbaum mal irgendwann, kommt nicht so drauf an, ruf einfach an, wenn Du mal Frucht angesetzt hast –

Jesus brauchte jetzt eine Feige, und es war nur dieser eine Feigenbaum da.

Viertens: Es geht um Israel

Natürlich bezieht sich diese ganze Aktion in diesem Moment auch auf Israel. Jesus hatte jede Menge Wunder getan, hatte viele Reden gehalten, und Gott hatte nur einen Feigenbaum, der den Messias hätte empfangen können. Und das war Israel. Und jetzt war genug geredet, jetzt waren genügend Zeichen und Wunder getan, entweder Israel würde Jesus jetzt anerkennen, oder nie mehr.

Fünftens: Es geht um mich

Diese Geschichte steht nicht in der Bibel, um uns über die Verfehlungen des alten Israel zu berichten.

Sie steht da, weil es diesen einen Moment gibt. Da stehe nur ich da. Es gibt keinen Wald von Feigenbäumen. Es gibt hier und jetzt gerade nur mich. Und jetzt kommt Jesus und will, das ich etwas ganz bestimmtes tue.

Etwas, das er nach 30 Jahren Christsein auch erwarten kann.

Der erwartet nicht Kirschen am Feigenbaum.

Jesus ist weder hinterhältig noch gehässig. Er ist voller Liebe und Güte und Freundlichkeit. Der erwartet nichts Unmögliches.

Aber es kommt der Moment, da braucht Jesus etwas. Etwas, das im Moment nur ich liefern kann. Weil ich der Einzige bin, der gerade dasteht.

Das muss jetzt gar nichts Großes sein. Es geht hier nicht um die Bewahrung der parlamentarischen Demokratie oder um die Rettung der Wale.

Es geht um nichts, wo die Welt untergeht, wenn es nicht kommt.

Jesus hat auch ohne die Feigen weiter gearbeitet.

Es geht hier um etwas, dass Jesus Freude macht.

Irgendwann, nach 20 Jahren Christsein, kommt der Moment, da hat Jesus auch mal Erwartungen. Eine Beziehung, in der es praktisch keine Rückmeldung gibt, ist zu einseitig.

Und wenn dann nichts zu sehen ist …

Sechstens: Anwendung

Aber Jesus will keine Christen, die religiöse Biomasse produzieren. Deren Christlichkeit schön anzusehen ist. Die das pflegen, was sie unter einem christlichen Lebensstil verstehen. Die immer brav in Gottesdienst und Bibelstunde gehen. Die an Weihnachten christliche Kalender verschenken und den Geburtstagsgeschenken fromme Spruchkarten beilegen. So dass irgendwann die ganze Umgebung weiß: Guck mal, was für ein grüner, gut belaubter Christ ich bin.

Nur Frucht bringen sie keine.

Und was Jesus über solche Leute denkt, die viel christliche Biomasse erzeugen, aber nichts haben, worüber Jesus sich freut, das will er deutlich machen.