Matthäus 9, 18-25 So ordentlich, Matthäus?

Matthäus hat sich beim Schreiben seines Evangeliums um die zeitliche Reihenfolge der Ereignisse nicht gekümmert.

Chronologie war ihm egal.

Sondern er hat alles, was Jesus gesagt und getan hat, auf einen Haufen geworfen und dann thematisch sortiert: Alle Himmelsreichsgleichnisse zusammen, alle Reden zum Verhältnis Alter Bund – Neuer Bund zusammen (nennen wir heute „Bergpredigt“), alle Endzeitgeschichten zusammen, und so weiter.

Immerhin hat er Tod und Auferstehung Jesu dann doch ans Ende seines Buches gestellt.

Aber der Rest ist zeitlich völlig durcheinander.

Darum ist die Reihenfolge bei Matthäus so anders als bei Lukas und Markus.

Aber ausgerechnet hier, bei Jairus und der Frau mit dem Blutfluss, hat er den chronologischen Zusammenhang beibehalten. Obwohl es kein Problem gewesen wäre, die Ereignisse zu trennen. (Da die Tochter des Jairus von Anfang an als schon gestorben dargestellt wird, ist die Verzögerung durch die kranke Frau hier kein Thema.)

Man kann also davon ausgehen, dass Matthäus die beiden Ereignisse nicht nur zeitlich, sondern auch thematisch für zusammenhängend hält.

Was ist das Gemeinsame beider Ereignisse?

Jesus handelt hier als Hohepriester. Und zwar als ein besserer als der Hohepriester des Alten Bundes.

Der Hohepriester des alten Bundes hat für die Sünden des Volkes geopfert (3.Mose 16). Also ganz allgemein und umfassend. Und er hat damit Vergebung der Sünden für das Volk im Allgemeinen erwirkt.

Damit konnte also das Volk mit Gott zusammen im gleichen Land leben und konnte Gott in seinem Tempel besuchen.

Aber neben der Sünde gab es noch zwei Dinge, die die Menschen von Gott trennten. Gegen die konnte der Hohepriester seit Mose nichts tun:

  • Die Unreinheit. Verursacht zumeist durch natürliche Lebensereignisse, weniger durch Sünde. Also Krankheiten, Körperflüssigkeiten, Geburt, Berührung eines Toten und solche Sachen.
  • Der Tod. David klagt schon in Psalm 6,6 „Denn im Tod ruft man dich nicht an; im Scheol, wer wird dich preisen?“ Mit Gott zusammen sein konnte man nur auf der Erde, im gelobten Land. Es gab kein ewiges Leben im Alten Bund; mit dem Tod war man von Gott getrennt.

Und jetzt kommt hier Jesus und beseitigt diese beiden Hindernisse. (Die Sünde als Trennung zwischen Gott und Menschen hatte er schon in Vers 2-8 als erledigt erklärt.)

Jesus beseitigt die Unreinheit der Frau, wobei auch die Frau Jesus wie einen Hohepriester behandelt: Denn der Hohepriester war der einzige Mensch auf der Welt, bei dem die Salbung auch auf den Mantel überging (Psalm 133,2).

Und Jesus beseitigt den Tod. Dieser, der bisher immer stärker war als das Leben, wird nun zum Opfer.

Und während der alte Hohepriester durch beide Ereignisse unrein geworden wäre – durch das Berührtwerden durch die unreine Frau und durch das Berühren der Leiche – passiert jetzt genau das Gegenteil: Nicht das Gute verdirbt, sondern das Schlechte wird verwandelt.

Womit gleich auch noch ein wichtiger Unterschied zwischen dem Alten und dem Neuen Bund dargestellt ist:

Der Alte Bund hatte Wahrheit, aber keine Kraft. Der neue Bund hat Kraft.

Der Alte Bund konnte die Menschen nicht verändern. Der neue kann.

Ich hoffe, Sie, lieber Leser, sind ein Beweis dafür.