Offenbarung 5,5 Warum ist der Löwe würdig?

Eine seltsame Beschreibung ist das.

Hätte man nicht einfach „Jesus“ sagen können?

Statt dessen „Löwe aus dem Stamm Juda“ und „Wurzel Davids“.

Etwas später wird er dann „das geschlachtete Lamm“ genannt.

Und dann ist der Löwe auch noch würdig, weil er überwunden hat.

Wobei nicht gesagt wird, was  er eigentlich überwunden hat.

Warum ist Gott selbst nicht würdig?

Das fällt einem doch auf: Gott hält die Schriftrolle in der Hand, und in Vers 3 wird ausdrücklich gesagt, dass niemand im Himmel oder irgendwo anders würdig war, die Schriftrolle zu öffnen.Offenbarung 5

Gott selbst ist also auch nicht würdig.

Ist auch logisch: Mit dem Öffnen der Siegel beginnt die Vernichtung des Bösen. Wir nennen den Vorgang „das Gericht“.

Da Gott das Böse aber geschaffen hat, wäre es sehr unredlich, wenn er selbst es jetzt auch vernichten würde. Einfach so. Weil er es kann. Das wäre Willkür. Das wäre dem Bösen gegenüber nicht gerecht. Denn schließlich kann das Böse nichts dazu, dass Gott es geschaffen hat.

(Dass Gott das Böse schuf, war notwendig. Die Menschen könnten Gott nicht erkennen, wenn es nicht das Gegenteil von Gott gäbe. Wenn Rot die einzige Farbe wäre, die es auf der Welt gibt, könnten Sie Rot nicht erkennen. Sie können Rot nur erkennen, weil es eine Alternative gibt.)

Würdig nur mit Vergangenheit

Wenn derjenige, der würdig ist, hier mit uralten Titeln bedacht wird („Löwe aus dem Stamm Juda“, „Wurzel Davids“), wäre natürlich die Frage, warum nur jemand würdig ist, der soviel Vergangenheit mit sich herumschleppt.

Warum könnte man nicht einen römischen Kaiser, einen griechischen Bauern oder eine babylonische Putzfrau für würdig erklären?

Man könnte es nicht, weil Israel nur dafür gegründet wurde, um jemanden hervorzubringen, der das Buch öffnen kann.

Der einzige Grund für Israels Existenz liegt in Gottes Wunsch, mit den Menschen zusammen zu leben und zu diesem Zweck das Böse besiegen zu können. Abraham wurde mit deutlicher Ausdrücklichkeit berufen, damit durch ihn alle Völker der Erde gesegnet werden und damit er Nachkommen haben soll wie Sand am Meer.

Somit war die (biologische) Herkunft des Erlösers letztlich seine Legitimation.

Dass der Sieger über das Böse aus einem Volk kam, in dem man den Kampf gegen das Böse seit mehr als 1000 Jahren auf der Fahne stehen hatte, machte sein Handeln verständlich und seine Absichten folgerichtig.

Wenn aus heiterem Himmel eine babylonische Putzfrau erschienen wäre, um das Böse zu besiegen, wäre das noch weniger verstanden worden als das Erscheinen Jesu.

Nein, das Buch öffnet der, der von Anfang an Auf Gottes Liste stand.

Tatsächlich ein Nachkomme des großen Abraham.

Und Jakob meinte sogar: Der beste Nachkomme Abrahams.

Die falsche Wurzel

OffenbarungGanz nebenbei: Der Genetiv bei der Wurzel ist falsch.

Ob die im Himmel keine Grammatik können?

Es müsste ja heißen: „Der Spross Davids“. David müsste die Wurzel sein, nicht Jesus.

Aber genau das wollte Gott an dieser Stelle sagen: Eigentlich ist der Erlöser die Ursache. Auch die Ursache für die Existenz eines großen, gesegneten israelitischen Königs.

Gott hatte von Anfang an die Absicht, einen Erlöser zu installieren. Weil das Zusammenleben mit den Menschen anders nicht geht.

Dazu scheint nach Gottes Meinung ein komplizierter Weg notwendig zu sein, mit Abraham und David und Priestern und Exil und vielem mehr.

Und somit ist der Erlöser nicht ein Ergebnis der Existenz Davids, obwohl es historisch so aussieht. Sondern David ist die Folge des angedachten Erlösers.

Der Löwe

Natürlich ist das Bild mit dem Löwen auch falsch. Wenn Sie Genesis 49,9 lesen, ist eigentlich der Stamm Juda der Löwe, und aus diesem Stamm kommt der Herrscher, also Jesus.

Aber in einer Zeit, in der die meisten Gläubigen die Bibel nie selber gelesen hatten, sondern nur vom Vorlesen kennen, schleichen sich solche leichter verständlichen Missverständnisse ein.

Da die Offenbarung aber kein Buch von und für Klugscheißer ist, sondern das Handeln Gottes für Max Mustermann erklären soll, werden hier die Begriffe benutzt, die den Menschen geläufig sind.

Warum der Löwe würdig ist

Eigentlich sagt unser Text in der Offenbarung gar nicht, dass der Löwe würdig ist.

Wenn die großen Chöre im weiteren Verlauf von Kapitel 5 loslegen, dann ist das Lamm würdig.

Wobei das Lamm selber auch 7 Hörner hat, also göttliche und damit unbegrenzte Macht.

Das Lamm ist ziemlich viel Löwe.

Aber der Knackpunkt ist: Der Löwe hat sich verhalten wie ein Lamm.

Jesus hat das mit der Liebe durchgezogen.

Am Kreuz ist Jesus gestorben, aber nicht die Liebe. Die hat Jesus auf die andere Seite hinübergerettet.

Wenn Jesus sagte „Vergib ihnen, denn sie wissen nicht was sie tun“ und dem Kriminellen am Nachbarkreuz einen Platz im Paradies zusagt und nach der Auferstehung dem Petrus den Auftrag zum Weiden der Schafe gibt, dann handelt sozusagen der Löwe im Lamm.

Das Lamm widersetzt sich nicht den Mördern, den Sündern und der Macht des Bösen. Allerdings führt es dadurch den Beweis, dass die Welt das Gericht, das mit dem Öffnen der Siegel anfängt, wirklich verdient hat.

Das wäre also die Antwort auf meine Frage: Der Löwe ist würdig, weil er der seit Anbeginn der Zeit Auserwählte ist, und weil er sich verhalten hat wie ein Lamm.