1.Korinther 2,1-2 – nur gekreuzigt und sonst nichts.

Als Paulus an die Korinther schrieb, musste er sich sehr verteidigen. Beide Korintherbriefe sind über weite Strecken Verteidigungsschriften des Paulus gegen die Vorwürfe der Korinther. Und alles in allem lauteten die Vorwürfe der Korinther, dass das, was Paulus ihnen da als Evangelium gebracht hatte, in jeder Hinsicht ein wenig dünn war.

Ach, nicht nur ein wenig, sondern es war in jeder Hinsicht dürftig, in der Performance und im Inhalt, und sowas konnte man vielleicht im rückständigen Jerusalem bringen, aber doch nicht in Griechenland, dem Hort der Weisheit, dem Zentrum des Fortschritts, wo letztlich fast alle großen Philosophen herkamen und von woher man unsere heutige Art zu denken immer noch „die griechische Art zu denken“ nennt.

Noch dazu sahen die Korinther dann das Leben des Paulus. Das war keineswegs triumphal, sondern er war ständig in irgendwelchen Nöten, konnte sich nicht durchsetzen, und irgendwie waren immer alle stärker als Paulus, egal ob es die jüdischen Gemeinden oder der Sturm oder die Silberhändler in Ephesus waren.

Paulus brachte den Korinthern die Botschaft vom Sieg Gottes, und das praktische Ergebnis war von jeder Form des Sieges weit entfernt.

Und dann schrieb Paulus auch noch in 1.Kor 2,1-2

1 Und ich, als ich zu euch kam, Brüder, kam nicht, um euch mit Vortrefflichkeit der Rede oder Weisheit das Geheimnis Gottes zu verkündigen.

2 Denn ich nahm mir vor, nichts anderes unter euch zu wissen, als nur Jesus Christus, und ihn als gekreuzigt.

Ja, und das ist ja nun wirklich ein bisschen wenig. Im Land von Aristoteles und Origenes und Platon und Thales von Milet und Epikur und Heraklit und Pythagoras und Sokrates kann man so billig nicht daherkommen.

Und Paulus hatte das ja grad vorher schon geschrieben, dass er sich mit so geringen Ansprüchen zufrieden gab:

1.Kor 1,22-23

22 Und weil denn Juden Zeichen fordern und Griechen Weisheit suchen,

23 predigen wir Christus als gekreuzigt, den Juden ein Ärgernis und den Nationen eine Torheit;

Man hätte es besser machen können

Und wenn er wenigstens Christus als auferstanden gepredigt hätte!

Wenn wenigstens ein wenig Sieg in seiner Botschaft gewesen wäre, eine Spur von Triumpf, irgendwas auf das man hätte stolz sein können, wo es sich lohnte dazuzugehören!

Aber er predigt Jesus als gekreuzigt, der Sohn Gottes hat verloren, Gott ist von so ein paar dahergelaufenen Juden zum Hampelmann degradiert worden, und die Römer haben Gottes Sohn ohne jede Kraftanstrengung beseitigt, wie man einen lästigen Aufständischen beseitigt, und um seine Klamotten haben sie noch gewürfelt.

Im Jahr 2010 haben sie in Genf den Urknall simuliert. Man ist der Entstehung der Welt auf der Spur, und in der Genetik ist man so weit, dass man himmelblaue oder goldfarbene Menschen machen könnte, und jetzt kommt in der Nachfolge des Paulus die Gemeinde Christi und predigt Jesus als gekreuzigt. Das reicht vielleicht noch für ein altes Mütterchen in Russland, das nur mühsam lesen kann und das Mitleid hat mit dem armen Gutmenschen Jesus, aber für die fortschrittlichen Menschen unserer Zeit ist das ein bisschen wenig.

Und wenn Gott es wenigstens andersrum gemacht hätte: Die Kreuzigung still und heimlich und mit nur wenigen Zeugen, vielleicht 10 Leuten oder so, und die Auferstehung dann so, dass die ganze Stadt es sieht. Aber Gott hat es genau gegensätzlich gemacht: Die Kreuzigung, also die Niederlage Gottes, konnte die ganze Stadt und aufgrund des Passahs das ganze Land sehen, aber die Auferstehung wurde gehandhabt wie eine geheime Verschlusssache. Die Niederlage Gottes konnte jeder sehen, und man brauchte auch keinen Glauben, denn es war ja offensichtlich. Aber die Auferstehung, die der Knaller hätte sein können, sehen ein paar Jünger, die eindeutig voreingenommen waren und als neutrale Zeugen nicht zu gebrauchen sind.

Und Paulus sagt, es sei den Nationen eine Torheit. Natürlich! Was soll man denn mit einem Gott, der sich offensichtlich nicht durchsetzen kann! Der die Konzentrationslager und Hiroshima nicht verhindert hat und den jeder mickrige Journalist in Grund und Boden schreiben kann, und dem passiert da noch nicht mal was! Gott schickt dem noch nicht einmal die Krätze oder ganz fiese Pickel im Gesicht!

Es bleibt dabei

Paulus begründet das dann im Weiteren, warum er dabei bleibt, dass er Christus als gekreuzigt zu seinem Hauptthema macht und nicht irgendwas, was sich besser anhört:

1.Kor 1,25

25 Denn das Törichte Gottes ist weiser als die Menschen, und das Schwache Gottes ist stärker als die Menschen.

Die Dummheiten Gottes sind also klüger als die Weisheiten der Menschen.

Und als so eine Dummheit hat man ja die Kreuzigung angesehen. Denn was ist damit schon gewonnen? Für was braucht man einen toten Jesus? Man hätte jemanden gebraucht, der den Piloten von Hiroshima das Kerosin aus dem Tank zieht, und man bräuchte jemanden, der die Ausbeutung der Afrikaner endlich mal beendet.

Und man sieht die Kreuzigung als Tat eines verschrobenen Kauzes im Himmel an, weil die Kreuzigung den menschlichen Zielen nicht dient.

Der Mensch hat in der Regel Ziele, die man dadurch beschreiben kann, dass der Mensch sich behaupten will.

Der Mensch will angesehen sein, will in der Hierarchie seiner Umgebung nicht als der dümmste Trottel dastehen, will nicht ständig unrecht haben.

Der Mensch will was gelten, will erfolgreich sein und meint, das sei durch Geld am besten sichtbar zu machen, und wenn man es mit Geld nicht hinkriegt, weil das Geld einfach nicht zu einem kommen will, dann versucht man den Erfolg sichtbar zu machen durch Wissen oder durch Beziehungen.

Der Mensch will sich nicht beherrschen lassen, sondern möchte gerne selbst herrschen. Man will selbstbestimmt sein, eigenständig. Alles, bloß kein Loser sein!

Und man hält das Verhalten Gottes für dumm, weil Gott diese Ziele alle nicht verfolgt.

Gottes Egalität

Ob Wladimir Putin Gott applaudiert, das ist Gott egal.

Und ob eine bestimmte Journalistin bei einer großen deutschen Wochenzeitschrift eine gute Meinung von Gott hat, ist Gott komplett egal.

Was Menschen so im allgemeinen als erstrebenswert betrachten, ist für Gott völlig wurscht.

Was Gott aber will, sind Menschen, die eine Beziehung zu ihm eingehen. Die Bibel umschreibt das oft mit dem Begriff „Liebe“, wobei dieser Begriff für das, was von Gottes Seite ausgeht, noch zu schwach ist, aber was soll man machen? Wir haben kein besseres Wort.

Gottes Ziel sind Menschen, die mit ihm reden und mit denen er reden kann.

Gottes Ziel sind Menschen, die ihm nahe sind und denen er nahe sein kann.

Das hört sich jetzt nicht so wahnsinnig nach der großen umwälzenden Weltrevolution an.

Paulus legt aber in seinen Briefen ziemlich deutlich dar, dass genau das die große Weltrevolution ist, auch wenn es überhaupt nicht danach aussieht.

Gottes Trickkiste

Um jetzt aber den Menschen nahe sein zu können, muss Gott in die Trickkiste greifen.

Denn der Mensch ist nun mal von Natur aus das, was die Bibel „sündig“ nennt.

Nun weiß ich natürlich, dass unter meinen Lesern ein paar Leute sind, die sagen, so viele Sünden hätten sie nun wirklich nicht. Für sie selbst hätte Gott diesen Aufwand nicht betreiben müssen, bei ihren paar Sünden hätte weniger auch gereicht.

Nun ist schon klar, dass die Zahl der chronischen Kriminellen unter den Lesern dieses Artikels eher niedrig anzusetzen ist.

Das Problem ist aber, dass wir in einer Welt leben, von der die Bibel sagt, sie werde beherrscht vom Fürsten der Welt, und damit ist nicht Gott gemeint, sondern der Teufel. Und der Einfluss des Bösen in dieser Welt ist so massiv – wer es nicht in den Nachrichten sieht, der kann ja einfach mal seine eigenen Gedanken betrachten, in wie weit sie wirklich gut, wirklich göttlich, wirklich rein sind.

Und in Gottes Nähe kann bekanntlich nur, wer absolut heilig ist – die ganzen langen Abschnitte des AT, die uns oft so langweilig vorkommen, die Beschreibungen der verschiedenen Tempel und der Opferriten und dieses ganze Gedöns, das ist ja im Grunde nur dazu da, um uns zu zeigen, wie heilig Gott ist und wie hoch seine Ansprüche an Leute sind, die sich in seiner Nähe aufhalten dürfen.

Und diesen Ansprüchen kann auch der Schönste meiner Leser nicht genügen.

Wenn man also in Gottes Nähe will, wenn man mit Gott reden will so wie es von Mose heißt, dass Gott mit ihm redete wie mit einem Freund – wer das also will, der muss erstmal die Stufe von Heiligkeit erlangen, die das überhaupt ermöglicht. Und diese Heiligkeit kann man sich nicht erwirtschaften, man wird sie als Geschenk annehmen müssen, und man wird akzeptieren müssen, dass Jesus am Kreuz die Strafe bekam, die wir aufgrund unserer Unheiligkeit verdient hätten.

Selbst dann, wenn viel Böses, das von uns ausgeht, nicht beabsichtigt war und aus Versehen passiert ist oder wenn die böse Wirkung von uns auch gar nicht vorhersehbar gewesen wäre.

Das Alte Testament beschreibt sehr klar, dass auch unbewusste Sünden von Gott trennen. Gottes Heiligkeit ist keine teilweise und auch nicht die Sparversion oder die Lightausgabe. Gottes Heiligkeit ist vollkommen, perfekt und absolut. Gott kann einfach kein Auge zudrücken wegen ein paar Minisünden.

Das ist also einer der Gründe, warum Paulus Jesus als gekreuzigt predigt und nichts bringt, was man normalerweise als weise und intelligent und gebildet bewerten würde. Denn das Höchste im Leben ist nicht, den Urknall verstanden zu haben und die fehlenden Teilchen zu finden. Das Höchste ist, Gott nahe zu kommen und mit Gott eine Beziehung einzugehen.