1.Korinther 2,3 – Unfähigkeit als heilige Möglichkeit

Es war einmal ein Prediger, der auch zeitweise Gemeindeleiter und Seelsorger war, der hatte einfach den falschen Beruf. Er hätte nicht Prediger oder Gemeindeleiter oder Seelsorger werden sollen, sondern Schriftsteller.

Denn als Prediger und Gemeindeleiter war er eine klägliche Erscheinung.

Wenn er predigte, konnte man keineswegs seine Freunde einladen, denn sein Redestil war verachtenswert.

Als Schriftsteller war der Mann spitze, und das wurde auch allgemein anerkannt, aber als Prediger war er wohl eine Jammergestalt.

So ist es auch in der Bibel nachzulesen in 2.Korinther 10:10

Denn die Briefe, sagt man, sind gewichtig und stark, aber die leibliche Gegenwart ist schwach und die Rede zu verachten.

Keine Umschulung

Das Problem ist nur: Er war von Beruf nun mal Prediger. Das ließ sich nicht ändern. Aber andererseits wußte er von seiner Unfähigkeit, von seiner Untauglichkeit für diesen Beruf, denn er sagte selbst im Brief an die Gemeinde in Korinth, wie das war, als er zum ersten Mal bei ihnen war: 1. Korinther 2,1–5 

1Und ich, als ich zu euch kam, Brüder, kam nicht, um euch mit Vortrefflichkeit der Rede oder Weisheit das Geheimnis Gottes zu verkündigen.

2Denn ich nahm mir vor, nichts anderes unter euch zu wissen als nur Jesus Christus, und ihn als gekreuzigt.

3Und ich war bei euch in Schwachheit und mit Furcht und in vielem Zittern;

4und meine Rede und meine Predigt bestand nicht in überredenden Worten der Weisheit, sondern in Erweisung des Geistes und der Kraft,

5damit euer Glaube nicht auf Menschenweisheit, sondern auf Gottes Kraft beruht.

Gemeinden stehen immer mal wieder vor der Frage, wen sie als Leitung berufen sollen: Sei es als Älteste, sei es als Pastoren, oder als Leitung für bestimmte Arbeitszweige.

Wobei wir da schon unsere Vorstellungen haben über das Format, das diese Personen haben sollen. Wenn wir jemanden einstellen oder berufen, dann möchten wir jemand, der ein bisschen vorzeigbar ist, der die Gemeinde repräsentieren kann, wo wir unsere Freunde mitbringen können und uns nicht schämen müssen hinterher für den Prediger. Darum werden wir bestimmt niemanden einstellen, der hier bei uns ist in Schwachheit und mit Furcht und vielem Zittern. Schwachsein mit Furcht und vielem Zittern können wir nämlich selbst.

Also der Paulus hätte wohl nicht viele Chancen gehabt, bei uns angestellt zu werden, noch dazu, wo das dauernd Ärger gab, wo der auftauchte. Und dann hat der noch nicht einmal schön predigen wollen!!!!! So fängt der Abschnitt ja an:

2/1 Und ich, als ich zu euch kam, Brüder, kam nicht, um euch mit Vortrefflichkeit der Rede oder Weisheit das Geheimnis Gottes zu verkündigen.

Er will also ohne Vortrefflichkeit der Rede und ohne Weisheit das Geheimnis Gottes verkündigen. Das Gegenteil von Vortrefflichkeit ist Mittelmäßigkeit, wenn nicht noch schlimmeres, und das Gegenteil von Weisheit – naja, unweise ist ein komisches Wort. Aber ehrlich gesagt, auf eine mittelmäßige Predigt ohne Weisheit, wer legt darauf Wert?

2/2 Denn ich nahm mir vor, nichts anderes unter euch zu wissen, als nur Jesus Christus, und ihn als gekreuzigt.

Ja, das mag damals so funktioniert haben. Heute brauchen wir einen Prediger, der den modernen und gebildeten Menschen unserer Zeit das Evangelium nahebringen kann.

Bedarfsbeschreibung

Wir brauchen einen, der Hardware von Software unterscheiden kann und Haydn von Händel, der den Vergaser seiner Autos selbst einstellen kann, 3Sat und Sat1 voneinander zu unterscheiden weiß und den wievielten Geburtstag Lenny Kravitz gerade gefeiert hat, und die Unterschiede von Montessouripädagogik, Walldorfpädagogik und Reformpädagogik sollten ihm geläufig sein – wie will der sonst Kinderarbeit machen und verantwortlich nach außen verkaufen? Wer wie Selbstbedienungskasse beim Rossmann nicht bedienen kann und sich in der Riester-Rente nicht auskennt, wie will der denn in den heutigen Zeiten auf verständliche Art und Weise das Evangelium rüberbringen?

2/3 Und ich war bei euch in Schwachheit und mit Furcht und in vielem Zittern;

Soll das irgendwie vorbildlich sein? Wir brauchen doch jemanden, der ein gesundes, belastungsfähiges Selbstbewusstsein hat. Wir wollen doch keinen Konsumenten von Beruhigungsmitteln und Baldriandragees an der Spitze der Gemeinde!

2/4 und meine Rede und meine Predigt bestand nicht in überredenden Worten der Weisheit, sondern in Erweisung des Geistes und der Kraft,

Der Geist Gottes und die Kraft Gottes sind nicht auf Hilfsmittel angewiesen. Wenn der Geist Gottes wirken will, dann kann er das ohne die Tünche einer wohlformulierten Predigt intellektuellen Inhaltes. Der Geist Gottes wirkt bekanntlich, wo er will, und auf Äußerlichkeiten wie kluge Worte oder mitreißende Dynamik ist er dabei nicht angewiesen.

Dem Papst ein Doppelbett verkaufen

Zum Aufbau einer Gemeinde oder zur Erweckung oder zur Bekehrung von Menschen ist nicht Klugheit oder Weisheit oder Vorzeigbarkeit des Predigers nötig, sondern die Wirkungen des Geistes Gottes und der Kraft Gottes sind dazu nötig. Und das begründet Paulus auch:

2/5 damit euer Glaube nicht auf Menschenweisheit, sondern auf Gottes Kraft beruhe.

Wenn wir im Gottesdienst sitzen und von der Redegewalt eines Könners davongerissen werden oder von großartigen Gedankensystemen eines überragenden Kopfes begeistert werden und aufgrund dieser Rede unsere Meinung ändern, so sind wir der Menschenweisheit aufgesessen. Der Redner muss noch nichtmal Unrecht gehabt haben, aber er hätte uns aufgrund seiner Begabung auch von den Vorteilen eines neuen Staubsaugers oder von der Notwendigkeit des Armutgelöbnisses überzeugen können. Und zwei Wochen später kommt einer, der noch besser reden kann oder ein noch brillianterer Kopf ist, und er überzeugt uns von einem völlig anderen Staubsauger oder von der Notwendigkeit eines Erfolgsgelöbnisses.

Wir haben uns ja in einigen Dingen daran gewöhnt, dass Jesus die Maßstäbe dieser Welt so sehr auf den Kopf stellt.

·         Dass er die Armen selig preist,

·         dass er kein Feuer vom Himmel fallen lässt, obwohl es dringend nötig gewesen wäre,

·         dass man die Feinde lieben soll, obwohl verdreschen viel näher läge

·         dass er sich nicht durch Engelheere vom Tod retten lässt

·         dass er, der Herr, die Füße wäscht

Aber dass nun ein schlechter Prediger ein guter Prediger sein soll, oder ein schlechter irgendwas-Mitarbeiter ein guter, das ist neu.

Das Problem des Arbeitgebers

Das Problem mit Paulus, der als Prediger so ungeeignet war, dass die Leute sagten, seine Gegenwart sei schwach und seine Rede zu verachten, - das Problem war ja, dass Gott Paulus zu diesem Beruf bestimmt hatte, und da kann man dann ja nichts gegen machen. Und man merkt, dass Gott seine Hände im Spiel hatte, denn die Wirkung des Paulus liegt im Erweis von göttlicher Kraft und Macht. Das macht ihn noch keineswegs zu einem großartigen Redner, seine Rede bleibt für viele verächtlich. Aber seine Rede schafft Glauben.

Was völlig untheatralisch passieren kann, ganz unspektakulär. In keiner Weise medienwirksam und von sehr geringem Unterhaltungswert. Nach außen kann dieser Paulus wie ein erfolgloser Versager aussehen, und wenn man den zweiten Timotheusbrief liest, da ist es da so, dass Paulus in einer Lebensphase steckte, wo irgendwie alles, was er getan hatte, zu einer Ansammlung von Peinlichkeiten und Misserfolgen geworden war. Und von Segen oder vom Gesegnetsein war in diesen Situationen nichts zu sehen. Aber das heißt noch lange nicht, dass der Segen nicht da war. Nur weil die Menschen sagen: „Wir sehen keine Triumphe und keine Siege!“, deshalb muss das nicht heißen, dass kein Segen da ist oder die göttliche Gegenwart sich verabschiedet hat. In den Seligpreisungen werden ja auch die selig gepriesen, denen man das Gesegnetsein nicht ansieht. Die Armen, die Trauernden, die Leidenden, die Verfolgten.

Die Schwäche der Geisteswissenschaft

Es gibt in der Theologie einige Gebiete, die in diesem Zusammenhang von beklagenswerter Nichtigkeit sind und im Grund ein Licht auf die Schwäche dieser sogenannten Geisteswissenschaft werfen. Nämlich alle die Teile, die das Wirken des Geistes Gottes aufpäppeln wollen. Also z.B. die Homiletik, die Lehre von der Predigt. Da kann man lange üben, schön, klug, überzeugend und mit einem inneren Aufbau zu predigen. Aber wenn Gott nicht durch diese Predigt spricht, dann sind die vielen schönen Worte umsonst. Wenn aber Gott durch einen Prediger spricht, dann hört man Gott auch, wenn der Prediger den Genitiv nicht beherrscht.

Oder die Apologetik. Da bemüht man sich, nachzuweisen, dass die Welt tatsächlich erst 5000 Jahre alt ist, wie die Berechnungen nach der Bibel ergeben, und dass die Sintflut wirklich stattgefunden hat, und auf diesem Weg will man Menschen zum Glauben bringen. Aber dann hat man genau das, was Paulus vermeiden will: Dass der Glaube auf Menschenweisheit beruht. Und darum kann eine exzellente Predigt eine ganz schlechte Predigt sein, weil sie zu viel Weisheit, zu viel Klugheit, zu viele Argumente und zu viel Glanz hat, aber es mangelt ihr an Erweisen von göttlicher Kraft und göttlichem Geist.

Wir werden uns verabschieden müssen von der Ansicht, dass das, was in dieser Welt Ansehen genießt, auch in der Gemeinde einen Wert hat. So wie Jesus alles auf den Kopf gestellt hat, so auch dieses. Und Paulus sagt das ja auch:

1/25 Denn das Törichte Gottes ist weiser als die Menschen, und das Schwache Gottes ist stärker als die Menschen.

Der Geist Gottes und die Kraft Gottes werden sich von uns nicht vorschreiben lassen, wie sie zu wirken haben, und sie werden sich mit großer Sicherheit keinem gesellschaftlichen Trend unterwerfen. Die Redekunst und alle anderen Methoden sind verfügbar, man kann sie einsetzen, wenn man es kann. Der Geist Gottes ist nicht verfügbar.

Menschliche Einflüsse können nur menschliche Resultate erbringen. Nun haben Menschen Großes vollbracht in der Geschichte, auf das wir mit Recht voller Bewunderung schauen. Aber wahrer Glauben ist zu groß, Gott zu umfassend, als dass menschliche Methodik hier etwas bewirken könnte.

Mitarbeitersuche

Wenn wir Mitarbeiter für die Gemeinde suchen, egal auf welcher Planstelle, dann wünschen wir uns ein gewisses Profil an Fähigkeiten, Fertigkeiten und Stil. Ich behaupte aber: Viel wichtiger als Gesprächsführung ist Hingabe, viel wichtiger als Berufung durch die Gemeinde, die jemand sucht, der ihr liegt (bibeldeutsch: nach dem ihr die Ohren jucken), ist Berufung durch Gott.

So brauchen wir nicht Leute, die eine Methodik beherrschen, sondern welche, die von Jesus beherrscht werden.

Nicht welche, die diplomatisch sind, sondern die durch und durch heilig sind. Nicht welche, deren Telefonleitung heiß läuft, weil sie so kommunikativ sind, sondern welche, die eine Gebetsleitung zu Gott haben.

2/2 Denn ich nahm mir vor, nichts anderes unter euch zu wissen, als nur Jesus Christus, und ihn als gekreuzigt

Dass der Sohn des Allmächtigen wehrlos getötet wird, ist der Gipfelpunkt der Umkehrung aller Verhältnisse und aller Vorstellungen. Dass Paulus nach Korinth kam und keine Methode mitbrachte und kein Erfolgskonzept, das hat ihm nicht unbedingt Freunde eingebracht, aber es hat zum Erweis von Geist und Kraft geführt. Dass Jesus sich so konsequent weigert, sich weltlichen Vorstellungen anzupassen oder sich Trends zu unterwerfen, wird uns als Gemeinde und als Einzelne immer wieder Schwierigkeiten machen, weil wir Dinge „Erfolg“ nennen, die in Gottes Augen gar keiner sind.

Das alles aber ist keine Entschuldigung, nicht unser Bestes zu geben. Es ist auch keine Entschuldigung, unser Bestes nicht ständig zu verbessern. Man wird Paulus nicht vorwerfen können, er habe geschlampt und seine Arbeit nur halbherzig gemacht, und darum mangele es seinem Auftreten am strahlenden Glanz. Wer seine Arbeit tun will „in Erweisung des Geistes und der Kraft“, der muss fleißig und engagiert sein über ein durchschnittliches Maß hinaus. Halbheiten und Gott werden zusammen nicht funktionieren.

Schlusswort

Es ist zu befürchten, dass manch eine Predigt so schlecht ist, weil sie sich so gut anhört. Und es ist anzunehmen, dass die Momente in unserem Leben, die wir als unsere schwächsten empfinden, weil sie im gesellschaftlichen Rahmen nichts hermachen und so gar nicht vorzeigbar sind und man sich vielleicht sogar ein bisschen schämen müsste, dass das unsere stärksten Momente sind. Denn in 2.Kor 12:9 heißt es, dass Gottes Kraft in Schwachheit zur Vollendung kommt. Weil der Geist Gottes und die Kraft Gottes nämlich am besten durch uns wirkt, wenn die Methodik sich verabschiedet hat. Weil Gott durch verwandelte Menschen wirken will, nicht durch Methodik.

Und Jesus hat Petrus auch nicht gefragt: Hast Du eine zeitgemäße Methodik? Sieht das gut und repräsentabel aus, was Du machst? Sondern zuerst hat er mal gefragt: „Hast Du mich lieb?“