1.Korinther 2,6 – die Vollkommenen

1. Korinther 2,6 (ELB 2006)

6Wir reden aber Weisheit unter den Vollkommenen, jedoch nicht Weisheit dieses Zeitalters, auch nicht der Fürsten dieses Zeitalters, die zunichtewerden,

Ich hoffe, Sie haben gemerkt, dass Paulus hier von mir redet.

Denn die Vollkommenen, die Paulus hier mit seiner Weisheit beglückt, sind ich und Abraham Lincoln und … äh …

Ja gut, möglicherweise auch Sie. Das kann ich von diesem Bildschirm aus nicht beurteilen. Immerhin lesen Sie einen Artikel dieses Internetauftritts; das spricht für Sie.

Nicht fehlerfrei

Die Vollkommenen sind im Neuen Testament diejenigen Menschen, die sich Gott ganz und gar hingegeben haben.

Oder anders gesagt: Es sind die Menschen, die Gott vollkommen machen wollte, und die das dann tatsächlich mit sich haben machen lassen.

Vollkommen heißt, dass die Beziehung zu Gott so gut ist, wie sie sein kann.

Es geht nicht darum, dass Sie den Satz des Pythagoras auswendig können oder nie vergessen, Ihr Handy aufzuladen. Es geht auch nicht um eine moralische Vollkommenheit: Sie brauchen nicht fehlerfrei mit Menschen umzugehen, um im biblischen Sinn vollkommen zu sein.

Der Handelnde

Vollkommenheit setzt erstmal voraus, dass Sie sich durch Tod und Auferstehung Jesu vollkommen haben machen lassen. Dass Gott also keinen Fehler mehr an Ihnen findet, keine Schulden, keinen Mangel. In der Folge wird Gott Sie an seinem Himmel teilhaben lassen. Und da kommen nur Personen rein, an denen Gott nichts mehr auszusetzen hat.

Zur Vollkommenheit gehört aber auch, dass Sie das hören können, was Gott nicht auf der Ebene menschlicher Kommunikation sagt. Paulus nennt das hier im Korintherbrief „das Reden des Geistes“. Jesus beschrieb den gleichen Vorgang als „meine Schafe hören meine Stimme“, „seht zu, wie ihr hört“ oder durch die Tatsache, dass in den Gleichnissen Inhalte enthalten sind, welche nur gewisse Menschen wahrnehmen können, obwohl alle das Gleichnis hören (Mt 13,11).

Letztlich könnte man zusammenfassen: Der Vollkommene ist der, der den Willen Gottes tut. Aber eben auch: Das, was tatsächlich der Wille Gottes ist. Nicht das, was man gerne als den Willen Gottes hätte. Auch nicht das, was man sich einbildet, was der Wille Gottes sei.

Die Korinther

Die Korinther hielten sich für sehr vollkommen. Sie waren im Bereich des Übernatürlichen angekommen, und das wurde jetzt mit viel menschlicher Methodik in Szene gesetzt: Unverständliches Zungenreden, laut gebrüllte Prophetie, Sexualität über alle gesellschaftlichen Grenzen hinweg, und das Abendmahl als Besäufnis.

Und tatsächlich: Die Korinther waren im Übernatürlichen angekommen. Aber sie benutzten jetzt Methoden des aktuellen Zeitalters wie Arroganz, Angeberei, die Macht des lauteren Brüllens oder „wer zuerst kommt, trinkt zuerst“, um dieses Übernatürliche in Szene zu setzen.

Das wäre so, als wenn Jesus nach seiner Auferweckung bei Pilatus und Herodes erschienen wäre und die beiden nach Strich und Faden verprügelt hätte. Um ihnen zu beweisen, dass jetzt das Übernatürliche da ist, und dass das stärker ist als das Herkömmliche.

Wie Sie vermutlich wissen, ist Jesus nach seiner Auferstehung aber überhaupt keinem Ungläubigen mehr erschienen. Jesus hat den Machtkampf nicht auf dieser Ebene geführt.

Wenn Paulus also schreibt, dass er seine Weisheit unter den Vollkommenen redet, die Korinther aber behaupten, sie könnten das Weise an des Paulus Weisheit nicht erkennen, dann sagt Paulus ihnen, dass sie offenbar nicht so vollkommen sind, wie sie sich das einbilden. (Das sagt er übrigens am Anfang von Kapitel 3 ganz unverblümt.)

Schlusswort

Wenn Sie also fortwährend nicht verstehen, was Paulus eigentlich sagen will – es könnte natürlich an geringer Schulbildung liegen. Aber vielleicht liegt es eher daran, dass Sie nicht bereit sind für den Grad an Vollkommenheit, den göttliche Gedanken nun einmal verlangen.