Philipper 3,10 morbide Methodik

Puh, da spritzt ja nur so die Lebensfreude aus den Worten des Paulus!

Die „Gemeinschaft mit Jesu Leiden“ will Paulus erkennen.

Und „seinem Tod gleichgestaltet werden“.

Um Missverständnisse zu vermeiden:

Mit den „Leiden Jesu“ sind nicht die mehr oder weniger durchschnittlichen Leiden einer bürgerlichen Gesellschaft gemeint.

Chronische Krankheiten oder Krebs, Vereinsamung oder ein unerträglicher Ehepartner zählen nicht dazu. Auch behinderte Kinder, verwirrte Senioren oder alkoholkranke Angehörige nicht.

Denn Jesus hat an nichts davon gelitten.

Woran Jesus gelitten hat

Jesus hat gelitten

  • am Unglauben der Menschen – oder anders gesagt:
  • an der Unfähigkeit der Menschen, Gottes Gedanken erkennen und ertragen zu können
  • an der Macht des Teufels (und daran, dass die Menschen ihm diese Macht einräumen)
  • am Hass der Religiösen auf die Göttlichkeit Gottes
  • am katastrophalen Zustand des Reiches Gottes.

Der Tod Jesu war eine Folge dieser Gegebenheiten, und auch das Auspeitschen und angespuckt werden waren darauf zurückzuführen.

Wenn Paulus also die Gemeinschaft mit Jesu Leiden erkennen will, dann schreit er nicht „Peitscht mich aus! Oh ja, bitte bitte peitscht mich!“

So ein Verhalten geht vielleicht als Masochismus durch, aber nicht als Teilhabe an den Leiden Christi.

Das Problem am Problem

Dass wir die Aussage von Paulus so schwer verstehen können, liegt daran, dass es keine vergleichbare irdische Haltung zu dieser Haltung des Paulus gibt.

Denn dass ein Mensch seine eigenen Wünsche und seine eigene Lebensentfaltung aufgibt für die komplett weltfremden und eigentlich hoffnungslosen Vorstellungen eines anderen, das ist kein Verhalten, das uns im Alltag begegnet und das wir nachempfinden könnten.

Es gibt zwar mitunter Menschen, die ihr Leben opfern für eine politische Sache oder ein anderes Ziel, von dem sie selbst dann eigentlich nichts haben, aber solche Menschen verstehen wir ebenfalls nicht.

Rückwärts anschauen

Vielleicht versteht man die Worte von Paulus besser, wenn man versteht, was er erreichen wollte.

Das Ziel des Paulus war möglichst viel Reich Gottes in seinem Leben.

Das mag sich jetzt nicht so spektakulär anhören, ist aber in Wahrheit der absolut große Wurf.

Während der normale Mensch davon ausgeht, dass das irdische Leben, das jeder Mensch hat (und auch jedes Tier) das eigentliche Leben ist und somit das „normale“, geht Paulus davon aus, dass es ein komplett anderes Leben gibt, welches das Eigentliche und das normale ist.

In diesem „anderen“ Leben gelten völlig andere Regeln und Maßstäbe, aber es herrschen dafür auch gänzlich andere Kräfte.

Darum spricht Paulus hier von „der Kraft seiner Auferstehung“.

Damit meint Paulus nicht die Kraft, die ihn nach seinem Tode in den Himmel befördert.

Sondern er meint die Kraft, die jetzt und hier wirken kann und zu übernatürlichen Ergebnissen führt.

Die aber eben manchmal auch zu keinen Ergebnissen führt, nämlich zu keinen irdischen, und die deshalb dem Folterknecht mit der Peitsche nicht schlagartig die Hand abfallen lässt, in der er die Peitsche hält.

Es ist eben ein völlig anderes Reich mit völlig anderen Methoden, mit unvergleichbaren Kräften und sehr seltsamen Zielen.

Die Kollision

Wo aber dieses Leben, das Paulus für das eigentliche hält, und das „normale“ Leben, dass der Rest der Menschheit für das eigentliche hält, aufeinander treffen, da kracht es zwangsläufig heftig.

Da kollidieren zwei Systeme, die sind nicht miteinander kompatibel.

Beide Systeme sind nicht kompromissfähig.

Da wird zwangsläufig eines gewinnen und eines verlieren.

Zu deutsch: Es wird Krieg geben.

Das ist, was Paulus „die Kraft von Jesu Auferstehung“ nennt und „die Gemeinschaft seiner Leiden“.

Und der Beweis, dass da tatsächlich zwei völlig unterschiedliche Systeme aufeinanderprallen, ist erst erbracht, wenn es tatsächlich heftig kracht.

Der Beweis, dass Paulus auf der richtigen Seite steht, ist der Krieg.

Und damit „die Gemeinschaft mit Jesu Leiden“ und gleichzeitig „die Kraft seiner Auferstehung“.

Lieblicher Frieden

Wenn es nicht kracht und keinen Krieg gibt, dann sind nicht zwei wesensfremde Systeme aufeinander getroffen.

Sondern dann war das zweite System identisch mit dem ersten, nur mit heiliger Farbe christlich übermalt.

Und Paulus sagt hier: Das will er nicht.

Das ist es nicht wert.

Was uns alle diejenigen bestätigen, die nach vielen Jahren in der Gemeinde irgendwann gehen.

Denn das angemalte System hat keine Kraft.

Und damit hat es keinen Wert.

Eines Tages merken die Leute: Für das bisschen Unterschied lohnt sich das nicht.

Zugegeben: Hätten sie früher wissen können.

Steht ja hier im Philipperbrief.