Der Text in 1.Tim 2:8-15 ist der Einzige, in der Frauen eine Lehrfunktion in der Gemeinde ausdrücklich untersagt wird. Allerdings kennt der Rest der Bibel auch keine allgemeine Lehrfunktion der Frauen in der Gemeinde – das wird aber nicht ausdrücklich erwähnt.

Und man beachte: In diesem Bibeltext geht es nur um die Lehrtätigkeit innerhalb der Gemeinde. Es geht nicht um Professorinnen, Dozentinnen, Wissenschaftlerinnen oder Fahrlehrerinnen. Was in einer säkularen Gesellschaft üblich oder wünschenswert ist, ist hier nicht Thema.

Den Text in 1.Tim 2:8-15 nur als Verbotsanweisung zu lesen, tut dem Text allerdings Unrecht. Denn es geht in diesem Text in erster Linie um Kompromissfähigkeit, um Emotionen und um Machtkämpfe. Und er beginnt auch nicht mit einer Anweisung an die Frauen, sondern mit einer Anweisung an die Männer:

1.Timotheusbrief, Kapitel 2, Vers 8:

8 Ich will nun, daß die Männer an jedem Ort beten, indem sie heilige Hände aufheben, ohne Zorn und zweifelnde Überlegung,

Hier wird von den Männern Einseitigkeit verlangt. Kompromisslosigkeit. Null Toleranz. Keine Rücksichtnahme. Nicht unbedingt die modernste aller Haltungen.

Nun könnte man sich bei Betrachtung der Vorgänge dieser Welt ja öfters mal aufregen. Das wird hier aber untersagt: Kein Zorn, gegen niemanden.

Es könnten einem bei der Betrachtung der Welt auch gelegentlich Zweifel kommen, ob das, was man zu tun beabsichtigt, wirklich richtig ist, oder ob es nicht doch einen anderen Weg gäbe. Allerdings wird das hier ebenfalls ausgeschlossen: Keine zweifelnde Überlegung.

Emotionalität ist in diesem Falle ein No Go. Wobei hier natürlich die negative Seite von Emotionalität dargestellt wird, nämlich Zorn, Zweifel, Unsicherheit. Aber im wahren Leben lässt Emotionalität sich nun mal nicht teilen. Wer zu starken Gefühlen neigt, neigt in beide Richtungen: Zu großer Freude und großer Liebe, aber auch zu ausgeprägter Trauer und Verzweiflung.

Die Abwesenheit von Zweifeln meint das radikale Überzeugtsein und Durchziehen eines Weges, einer Maßnahme und einer Strategie. Ohne Wenn und Aber, ohne Kompromisse. Und da sind Frauen in der schlechteren Position. Denn Frauen sind ausgleichend, kompromissfähig, tolerant und viel weniger einseitig als Männer. Und was im täglichen Leben ein Segen für die Menschheit ist, wird nun hier, wo es um Radikalität geht, zum Ausschlusskriterium. Und so begründet Paulus es auch:

14 und Adam wurde nicht betrogen, die Frau aber wurde betrogen und fiel in Übertretung.

Eva ist mit der Schlange einen Kompromiss eingegangen. Eva hat sich ja nicht gegen Gott entschieden. Sie war immer noch auf Gottes Seite – und gleichzeitig auf der Argumentationslinie der Schlange. Und ausgleichende Argumentation ist nun etwas, was im Zusammenhang mit Gott überhaupt nicht geht. Ausgleichende Argumentation ist ausgesprochen hilfreich für den Frieden in der Welt und die Verständigung unter den Menschen, aber Gott ist absolut einseitig. Gott erlaubt keine Kompromisse, was das Gute angeht, und er macht selber auch keine. Also sagt Paulus hier, sind die Männer besser geeignet, diese Haltung Gottes zu verbreiten und zu vertreten.

Achtung! Das Argument, warum Paulus gegen das Lehren durch Frauen ist, ist nicht, dass Frauen weniger intelligent oder weniger gebildet wären. Es ist keine Frage von Bildung oder Intelligenz, sondern von Kompromissbereitschaft und ausgleichendem Wesen!

Machtkampf

Der Text in 1.Tim 2:8-15 strotzt nur so von Formen des Machtkampfes.

Die Bekleidung und der Schmuck, die in Vers 9 beschrieben werden, sind hier die Waffen der Frau, um mehr Aufmerksamkeit zu erhalten und mehr Blicke einzufangen und mehr Einfluss auf Männer zu haben und einen höheren Status zu haben als die Konkurrentin. Schmuck, Schminke und Klamotten sind bis zu einem bestimmten Punkt völlig unschuldig und einfach nur Ausdruck der Persönlichkeit. Niemand muss etwas hässliches anziehen, obwohl er etwas hübsches hat, und gegen Anmut ist ja nichts zu sagen. Paulus geht es hier um die Vermeidung von Machtkämpfen in der Gemeinde, und die werden halt auch mittels Style ausgetragen.

Und Machtkämpfe haben in der Gemeinde absolut nichts zu suchen, nicht wenn sie über Klamotten ausgetragen werden und nicht, wenn sie über Automarken ausgetragen werden. Siehe den Artikel über „Machtkämpfe“ in diesem Lexikon.

Und damit gewisse Machtkämpfe gar nicht erst ausbrechen, gibt Paulus folgende Devise aus in 1.Tim 2:12:

12 Ich erlaube aber einer Frau nicht zu lehren, auch nicht über den Mann zu herrschen, sondern ich will, daß sie sich in der Stille halte,

Das „sich in der Stille halten“ muss man nun allerdings in dem Zusammenhang verstehen, in den hinein Paulus schreibt und wie es in dem Artikel zum „Schweigen der Frau“ schon in diesem Lexikon beschrieben wurde. Da die Gemeinde eine der ersten Institutionen waren, wo für Männer und Frauen die gleiche Bildung zu den gleichen Bedingungen zugänglich war, hatten die Frauen jede Menge Fragen und Einwürfe und im Vergleich dazu wenig Erfahrung mit Bildungsveranstaltungen wie Seminaren. Dadurch ergab sich bei den heißblütigen Südländern eine ziemliche Geräuschkulisse.

Paulus klärt die aufkeimenden Machtkämpfe hier ziemlich deutlich, und er benutzt dann auch noch ein sehr subjektives Argument:

13 denn Adam wurde zuerst gebildet, danach Eva;

Natürlich kann man mit dieser Tatsache auch genau anders herum argumentieren: „Als Gott Adam schuf, hat er nur geübt“ oder „Adam war so unvollständig – wieso soll er jetzt lehren?“. Dummerweise ist aber das Meiste, was in der Bibel steht, subjektiv. Schon Mirjam hat sich beschwert, dass Gott den Mose ausgewählt hat und nicht sie, weil sie das als völlig subjektiv empfand.

Die Macht in der Gemeinde

Warum die Bibel die Frage nach der Lehr-Macht so souverän und kraftvoll klären kann (und dabei ja in Kauf nimmt, dass spezielle Begabungen von einzelnen Frauen unter den Tisch fallen), hängt mit der tatsächlichen Verteilung von Macht und Einfluss in der Gemeinde zusammen. Es gibt unter dem Buchstaben „M“ bestimmt einen Artikel zu diesem Thema.

Wenn in Deiner Gemeinde diejenigen die meiste Macht haben, die predigen und lehren, dann hast Du entweder irgendetwas nicht mitbekommen, oder Du solltest schnellstens die Gemeinde wechseln.

Wenn in einer Gemeinde die Lehrer und die Prediger den größten Einfluss haben, dann ist in dieser Gemeinde etwas grundsätzlich falsch.

Wenn die, die man am lautesten hört, aus diesem Grunde die Einflussreichsten sind, dann kann es viel schlimmer nicht kommen.

Und wenn Du in einer Gemeinde lehren willst, damit Deine Stimme gehört wird und Du Deinen Einfluss geltend machen kannst, dann hast Du längst verloren, und Deine Gemeinde wird durch Dein Lehren ebenfalls verlieren. Ganz egal, ob Du Mann oder Frau bist.

Die größte Macht im Reich Gottes haben die, die sich unterordnen. Der mächtigste im Reich Gottes ist der, der dient. Und das Größte ist die Liebe. Und nichts anderes.