Selbstbegrenzung Gottes

Einer der am wenigsten verstanden Vorgänge in Gottes Dunstkreis ist die Tatsache, dass Gott sich selbst begrenzt. Fragen wie "Wie kann Gott Auschwitz zulassen?" zeigen dieses Unverständnis.

Nun ist Gott ohne Zweifel allmächtig. Er ist der Stärkste auf der Welt. Das heißt aber noch lange nicht, dass er diese Stärke immer und überall einsetzt. Auch der Boxweltmeister im Schwergewicht, der vielleicht der stärkste Mann der Welt ist, schlägt nicht jedermann, den er trifft, nur weil er halt der Stärkste ist. In der Regel begrenzt er sich und nutzt seine Stärke nur in den Fällen, wo es nach seiner Einschätzung angebracht erscheint.

Gegebenheiten, die Gottes Handeln einschränken

  1. Die Freiheit der Wahl

Dadurch, dass Gott es den Menschen ermöglicht hat, zwischen Gut und Böse zu wählen, hat er bereits seine eigenen Handlungsmöglichkeiten erheblich eingeschränkt. Denn wenn Gott jedesmal, wenn etwas seinen Vorstellungen nicht entspricht, eingreifen würde, dann wären die Menschen ja nur Marionetten, die an Gottes Fäden hängen. Indem Gott die Freiheit der Wahl gibt, muss er auch ertragen, dass die Menschen das Falsche wählen.

  1. Durch Gottes Wort

Wenn Gott etwas sagt - vor allem, wenn das Gesagte in der Bibel aufgeschrieben ist - dann gilt dieses Gesagte auch für Gott selber. Gott ist an sein eigenes Wort gebunden. Wenn Gott eine Verheißung gibt, muss er sie auch erfüllen.

Wenn Gott auch nur einen einzigen Satz der Bibel rückgängig machen könnte, weil er es sich anders überlegt hat, hätte die gesamte Bibel für die Christen keinen Wert mehr. Denn dann müsste man damit rechnen, dass Gott jede beliebige Aussage irgendwann rückgängig macht. Der Glaube lebt aber gerade davon, dass Gottes Wort zuverlässiger ist als die Gesetze der Bundesrepublik Deutschland, die jederzeit geändert werden können.

Gott beschränkt also sein Handeln, wenn er eine Aussage macht, weil man davon ausgehen können muss, dass Gottes Wort ewige Gültigkeit hat.

  1. Durch den Glauben

Wie man in Nazareth gesehen hat, kann Gott nicht handeln, wenn der Glaube nicht vorhanden ist. Gott hat also sein Handeln abhängig gemacht vom Glauben der Menschen. Übrigens nicht nur im negativen Sinne, also dass Gott nichts tut, wenn nicht genügend Glauben da ist, sondern auch andersrum: Wenn genügend Glaube da ist, dann tut Gott auch etwas, das eigentlich nicht auf seiner Agenda stand. Ein Beispiel ist die Frau mit dem Blutfluss: Es gab keine Verheißung, dass wer Jesu Mantel anfasst, dass der dann geheilt wird. Und viele Menschen hatten diesen Mantel ja auch berührt, und es war nichts geschehen. Und es lag auch sicher nicht in Gottes Absicht, dass man sich seinen Segen hintenrum holt. Aber weil die Frau diesen Glauben hatte, wurde das wahr, was sie glaubte.

  1. Durch den Willen der Menschen

Gottes Wille ist keineswegs so statisch, wie manche Christen ihn sich denken. Sondern wenn der Mensch etwas will, was Gott eigentlich nicht vorhatte, dann kann man Gott durchaus davon überzeugen, es auch zu wollen. Wobei Gott es dann niemals zähneknirschend und widerwillig macht und jahrhundertelang schmollt wegen dieses Wunsches, sondern wenn Gott sich von den Menschen zu etwas bewegen lässt, was er eigentlich nicht vorhatte, dann steht er anschließend auch mit ganzer Kraft und ganzem Herzen dahinter. Beispiele:

  • Israel wollte nach der Richterzeit einen König. Gott war sehr dagegen, weil er selber der König Israels sein wollte. Aber schließlich willigte er ein, und machte aus dem is-raelitischen Königshaus dann einen Heilsweg für die ganze Welt, indem er seinen Messias aus den Nachkommen Davids erstehen ließ.
  • David wollte (in 2.Samuel 7) unbedingt einen Palast für Gott bauen, also den Tempel. Gott war definitiv dagegen und sagte auch, dass ihm sowas niemals in den Sinn gekommen sei. Aber Gott war von der Begründung Davids so beeindruckt, dass er nicht nur den Tempelbau erlaubte und sich anschließend dadurch zu den Tempel bekannte, dass er selber in den Tempel einzog, sondern gleichzeitig versprach er, David ein ewiges Haus von ganz anderer Qualität zu bauen.
  • Und ob die Idee mit Wasser zu Wein auf der Hochzeit zu Kana nun tatsächlich auf dem Mist Jesu gewachsen war, darf man wohl bezweifeln.
  1. Durch die Gemeinde als Leib Christi

Der neue Körper von Jesus ist die Gemeinde. Wenn Jesus heute handeln will, braucht er die Gemeinde. Was die Gemeinde nicht macht, wird im Reich Gottes nicht gemacht, und was die Gemeinde nicht betet, geschieht nicht. Gott hat sich extrem abhängig gemacht von der Gemeinde.

Ja, es gibt ab und zu Ausnahmen, dass Gott aus heiterem Himmel einen Menschen für eine bestimmte Arbeit beruft, ohne dass die Gemeinde beteiligt ist, weder eine Ortsgemeinde noch die universelle Gemeinde. Aber das ist so selten, dass es die Regel nicht aufhebt. Licht der Welt ist die Gemeinde, und wenn sie es nicht ist, gibt es keins.