Versammelt in Jesu Namen

Klären wir zuerst den Unterschied:

Ich kann wegen Jesus zum Gottesdienst gehen, und ich kann in Jesu Namen zum Gottesdienst gehen.

Das ist ein Unterschied wie Tag und Nacht.

Ich kann ja auch wegen Tante Gertrud zur Bankfiliale gehen, oder im Namen von Tante Gertrud.

Wenn ich wegen Tante Gertrud zur Bank gehe, könnte das folgende Gründe haben:

  • Tante Gertrud hat mich gebeten, nach den Öffnungszeiten zu schauen.
  • Tante Gertrud hat mich gebeten, ihr einen Prospekt über eine bestimmte Anlageform mitzubringen.
  • Tante Gertrud möchte wissen, ob die Nichte des Bankmitarbeiters wieder gesund ist; das soll ich mal erfragen.
  • Tante Gertrud möchte sich in der Filiale mit mir treffen. Die haben dort so schöne blaue Sessel, und warm ist es dort auch, und es gibt keinen Verzehrzwang, und da können wir uns doch prima unterhalten.

Für alle diese Dinge brauche ich keine Vollmacht. Jeder dahergelaufene könnte aus den gleichen Gründen zur Bank gehen und die gestellten Aufgaben erfolgreich erledigen.

Allerdings kann ich, wenn ich nur wegen Tante Gertrud zur Bank gehe, nichts im Sinne von Tante Gertrud veranlassen. Ich habe keinen Zugriff auf ihr Konto oder ihre Kontoauszüge, kann keinen Kredit auf ihren Namen aufnehmen und bekomme keine Informationen über den Wertbestand ihres Depots.

Genauso kann ich auch wegen Jesus zum Gottesdienst gehen.

  • Ich möchte Jesus anbeten.
  • Ich möchte durch ein Wort der Bibel erbaut werden.
  • Ich finde das einfach wichtig, dass wir hinter Jesus stehen und das durch unsere Anwesenheit im Gottesdienst sichtbar machen.
  • Ich möchte Jesus dort treffen.
  • Ich möchte Jesus dort meine Liebe zeigen.

Für all das brauche ich keine Vollmacht. Jeder dahergelaufene kann aus diesen Gründen zum Gottesdienst gehen.

In Tante Gertruds Namen

Ich könnte natürlich auch in Tante Gertruds Namen zur Bank gehen.

Dann bedeutet das, dass ich eine Vollmacht habe.

Ich kann jetzt etwas bewegen, Aktionen in Gang setzen.

Natürlich kann ich auch nach der Gesundheit der Nichte fragen, die Öffnungszeiten registrieren und den Prospekt über die Anlagemöglichkeiten mitnehmen.

Aber ich kann jetzt vor allem Dinge machen, die sonst nur Tante Gertrud selber machen könnte.

Es ist jetzt so, als wäre ich Tante Gertrud.

Ich habe die gleichen Rechte wie Tante Gertrud.

Und zwar bezüglich Tante Gertruds Konto, Tante Gertruds Kontoauszügen, Tante Gertruds Depot.

Ich kann Aktien von Tante Gertrud verkaufen und einen Kredit aufnehmen, den Tante Gertrud dann abbezahlen muss. Ich kann den Überweisungshöchstbetrag verändern.

Ich habe jetzt Macht.

In Jesu Namen

Wenn Jesus in Matthäus 18,20 von dem „Versammeltsein in seinem Namen“ spricht, dann steht das in Verbindung mit hoheitlichen Aufgaben. Und zwar mit hoheitlichen Aufgaben, die eigentlich nur Gott oder Jesus zuständen:

  • Menschen als zugehörig zu Gott zu erklären oder als nicht zugehörig zu Gott (Vers 16).
  • Etwas bei Gott nicht nur zu erbitten, sondern verbindlich zu bestellen, mit einer Liefergarantie (Vers 17). Also Zugriff zu haben auf die himmlischen Ressourcen.

Nun ist diese Bibelstelle für uns leider nicht besonders hilfreich, denn dass man hier „in Jesu Namen versammelt“ ist, ist nur eine Randbemerkung. Es wird als selbstverständlich vorausgesetzt, dass die Gemeinde sich nicht wegen Jesus trifft, sondern in seinem Namen, also versehen mit seiner Vollmacht.

Denn „wegen Gott“ kam man ja schon im Alten Bund zum Gottesdienst. Das wäre dann nicht viel Unterschied zum Neuen Bund.

Ebenso ist es bei Paulus, der es auch nur als Selbstverständlichkeit und damit am Rande erwähnt, dass die Gemeinde im Namen Jesu versammelt ist und dass sie darum die Vollmacht hat, einen Menschen aus der Gemeinde hinaus zu tun und damit von Gott zu trennen (1.Korinther 5,4+5), ja, noch schlimmer, ihn sogar dem Satan in die Hände zu geben.

Die Selbstverständlichkeit

Auf die gleiche Selbstverständlichkeit treffen wir auch in der Beschreibung des Gottesdienstes in Korinth in 1.Korinther 12 und 14. Wobei wir das auch hier nur nebenbei erfahren, denn es geht Paulus hier um die Beschreibung dessen, was schiefgegangen ist, nicht um die Beschreibung der hoheitlichen Tätigkeiten der Gemeindeglieder.

Es entsteht im ersten Korintherbrief der Eindruck, dass die Gläubigen hier kräftig mitwirken und gestalten, durch Prophetie und Weissagung, und dass der Gedanke dabei durchaus ist, dass zufällig hereinschneiende Ungläubige ebenfalls von dieser Macht erfasst werden.

Genauso wird uns die sogenannte Urgemeinde in Jerusalem beschrieben, in den ersten Kapiteln der Apostelgeschichte.

Die saßen nicht da und ließen sich erbauen und belehren.

Sondern die bauten ein Reich, einen Staat, und das machten sie machtvoll.

Noch mehr verborgene Selbstverständlichkeit

Dieses hoheitliche Handeln ist auch in der Aussage verborgen, dass jetzt alle Gläubigen Priester sind (1.Petrus 2,5+9). Der Priester war im Alten Testament der Typ mit der religiösen Macht:

  • Ob man Aussatz hatte oder ob man rein war und damit vor Gott treten konnte, bestimmte der Priester.
  • Ob dein Opfer dich vor Gott gerecht machte oder nicht genügte, bestimmte der Priester.
  • Überhaupt hatte man Zutritt zu Gott nur mittels des Priesters. Der Priester stand (siehe Zacharias) direkt vor Gott, stellvertretend für alle anderen.
  • Der Priester legte auch die Entschädigungen und Strafen für den Bruch von Gottes Geboten fest. Er war befugt, festzulegen, was Gott zu bekommen hatte.
  • Der Priester hatte die Macht über das Gesetz. Er verkündete es, er legte es aus.

Der Priester war also Stellvertreter Gottes, er handelte in Gottes Namen. Er sagte das, was Gott eigentlich sagen wollte.

Wenn jetzt die Gläubigen alle Priester sind, dann wird damit die Macht und die Möglichkeiten der Gläubigen beschrieben.

Die Gläubigen sind Stellvertreter Christi, sie können in seinem Namen handeln.

Alle Macht, wo auch immer

Schon im Missionsbefehl (welch ein Wort!) liegt die pure Selbstverständlichkeit verborgen. Jesus hat alle Macht im Himmel und auf Erden, und aufgrund dessen sollen die Gläubigen sich nun an die Arbeit machen, und Jesus ist bei ihnen jeden Tag, immer und überall.

Die unbegrenzte Macht ist hier also die Grundlage für die Aussendung. Die Macht ist Teil der Ausstattung der Jünger. Es ist ja nicht so gedacht, dass Jesus sagt: „Ich habe die Macht, und ihr habt sie nicht, haha, aber nun geht man mal los, schauen wir mal, wie weit ihr kommt!“

Sondern der Sinn ist ja: „Ihr habt die Macht, weil ich die Macht habe, also geht los!“

Der Körper des Christus

Zuletzt der altbekannte Hinweis auf den Leib Christi.

Das ist die Gemeinde – der neue Körper von Jesus, wobei Jesus selbst der Kopf dieses Körpers ist.

Wenn die Gemeinde aber Arme und Beine, Lunge und Bauchmuskeln von Jesus ist, dann hat sie natürlich als Gesamtheit auch die entsprechende Macht.

Man müsste noch nicht einmal sagen, dass die Gemeinde sich „in Jesu Namen“ versammelt, denn eigentlich versammelt sich Jesus in seiner neuen Gestalt, wenn die Gemeinde sich trifft.

Die Gemeinde trifft sich also auch nicht wegen Jesus, sondern sie ist Jesus.

Forderungen für den heutigen Gottesdienst

Alle diese verschiedenen Bilder, die alle das gleiche aussagen, verlangen natürlich nach einer völlig anderen Art von Gottesdienst, als wir das heute machen.

Welche Eigenschaften dieser Gottesdienst haben müsste, ergibt sich einfach daraus, dass wir uns vorstellen, dass Jesus in unserem Gemeindehaus wäre.

Was würde er machen?

Und wenn wir der Leib Christi sind, dann müssen wir genau das gleiche machen.

Als da wäre:

  • Wir erbitten Dinge von Gott, die wir dann auch erhalten. (Mt 18,19)
  • Wir haben mit Petrus den Schlüssel zum Himmelreich (Mt 16,19), so dass wir den Himmel aufschließen oder abschließen können. = Binden und Lösen, Mt 18,18
  • Wir lehren richtiges Verhalten, wie Jesus richtiges Verhalten gelehrt hat. Kein Feuer auf Samaritanische Dörfer.
  • Wir erklären Gott, so wie Jesus Gott erklärt hat.
  • Wir vergeben, wie Jesus der beim Ehebruch ertappten Frau.
  • Wir glauben. Wir wissen, dass die Dinge richtig sind. Darum beten wir wie die Gemeinde in Apg 4.
  • Es wird nicht an uns gehandelt, sondern wir handeln. Wir kommen nicht her, um erbaut zu werden, sondern um zu erbauen. Das ist auch das Bild der Gemeinde in Korinth. Die wollten alle was sagen, alle Einfluss nehmen.
  • Wir befehlen dem Teufel.
  • Wir sagen den anderen, wo sie ihre Netze auswerfen sollen, wo sie einen Esel finden, was der nächste Auftrag ist, (da sprach der Heilige Geist: Sondert mir aus …)
  • Wir hören und die Berichte und die Fragen der anderen an. Und wir generieren Antworten.
  • Wir machen Fürbitte, z.B. wie Jesus im hohepriesterlichen Gebet.
  • Gott spricht. Wenn Jesus anwesend war, sprach immer Gott.
  • Wir sorgen dafür, dass Unmögliches Möglich wird. Hier sei vor allem an die Vermehrung von Ressourcen gedacht: Wasser zu Wein, Netz voller Fische, 5 Brote und zwei Fische, ein Esel im richtigen Moment. Man beachte aber, dass das letztlich glaubensabhängig und damit handlungsabhängig ist: Man muss das Netz auswerfen, die Brote verteilen, den Wein schöpfen.

Zusammenfassend: Wenn wir in Jesu Namen zusammenkommen, also Vollmacht und Auftrag haben – oder wenn wir selber Jesus sind – dann machen wir das Gleiche, was wir auch machen, wenn wir in Tante Gertruds Namen zur Bank gehen:

  • Wir tätigen Investitionen (mit Tante Gertruds Geld).
  • Wir erteilen Aufträge (zu bezahlen von Tante Gertruds Geld).
  • Wir heben Geld ab (von Tante Gertruds Konto).
  • Wir kontrollieren den Kontostand (von Tante Gertruds Konto).
  • Wir nehmen einen Kredit auf (den Tante Gertrud dann bezahlen muss).

Wenn wir in Tante Gertruds Namen zur Bank gehen, handeln wir mit Vollmacht. Wir machen das, was Tante Gertrud an unserer Stelle auch machen würde.

Wenn wir in Jesu Namen versammelt sind, handeln wir mit Vollmacht. Wir machen das, was Jesus jetzt auch machen würde.

Und wenn jetzt mindestens zwei Leute zusammenkommen, die beide so eine Vollmacht haben, dann sind wir in Jesu Namen versammelt.

Nachschlag: Wie kommt man an diese Vollmacht?

Erstens: man muss sie wollen.

Das hat Sie jetzt überrascht, nicht wahr?

Sie dachten, so eine Vollmacht wird einem hinterher geworfen. Aufgezwungen.

Oder man findet sie auf der Straße. Da liegen ja immer welche rum. Auch Geschäftsvollmachten, Kontovollmachten oder Vorsorgevollmachten.

Nicht umsonst sagt Paulus in 1.Kor 12,31 und 14,1, dass man nach den höheren Gaben streben soll.

Sie könnten Jesus auch drum bitten. (Nur um diese Möglichkeit nicht unerwähnt zu lassen.)

Aber vielleicht fallen Ihnen noch andere Wege ein, wie Sie Jesus wissen lassen können, dass Sie gerne in seinem Namen handeln wollen.

Dass Sie Wert legen auf so eine Vollmacht.

Zweitens:

Sie müssen auf Ihren eigenen Willen verzichten.

Wenn Sie im Namen von Tante Gertrud auf der Bank sind, zählt nur Wille von Tante Gertrud.

Und wenn Tante Gertrud gerne Aktien von Zigarettenfabriken kaufen will, Sie selbst aber der Überzeugung sind, dass die Tabakindustrie auf dem absteigenden Ast sitzt und diese Aktien nur nach unten gehen können – Ihre Meinung spielt hier überhaupt keine Rolle. Wenn Tante Gertrud diese Aktien kaufen will, dann kaufen Sie diese Aktien. Auch gegen Ihre heiligsten Überzeugungen.

Wenn Sie im Namen Jesu handeln wollen, werden Sie relativ oft gegen Ihre eigenen Überzeugungen handeln müssen.

Möglicherweise geht Ihnen gerade auf, warum so wenige Menschen eine göttliche Vollmacht haben.

Nicht, weil man dann auf eine eigene Meinung verzichten muss.

Sondern weil man auf die Durchsetzung der eigenen Meinung verzichten muss. Sie zählt einfach nicht.

Drittens:

Umfang und Ausmaß Ihrer Vollmacht bestimmt Jesus, nicht Sie.

Siehe Matthäus 25,15, wo die Gaben unterschiedlich verteilt werden. Je nach Fähigkeiten.

Viertens:

Es gibt ein Recht auf Bevollmächtigung.

Das sollten Sie wissen. Und dieses Wissen sollte ihre Haltung Gott gegenüber bestimmen.

Kein Recht haben Sie auf eine bestimmte Form von Vollmacht.

Aber wenn Sie Priester im Sinne des allgemeinen Priestertums der Gläubigen sind, haben Sie automatisch ein Recht auf eine Vollmacht. (Ohne Vollmacht sind Sie kein Priester.)

Wenn Sie Teil des Leibes Christi sind – als Fuß von Christus haben Sie das Recht, als Fuß des Christus zu handeln.

Fünftens:

Das Erstaunliche ist doch, dass die ersten Gemeinden, von denen uns die Bibel in der Apostelgeschichte und in den Briefen erzählen, das wussten. Und die meisten Christen heute wissen es nicht.