Dritte Vollmachtsrede

Wir haben heute genau die gleichen Worte, die wir letzte Woche auch schon hatten.

Aber letzte Woche standen sie am Ende der Bergpredigt.

Heute werden sie in der Synagoge von Kapernaum gesagt, ziemlich bald, nachdem Jesus seine ersten 4 Apostel berufen hatte.

Markus 1,21

21 Und sie gehen nach Kapernaum hinein. Und sogleich ging er am Sabbat in die Synagoge und lehrte. 

22 Und sie erstaunten sehr über seine Lehre; denn er lehrte sie wie einer, der Vollmacht hat, und nicht wie die Schriftgelehrten.

Bis zu einem solchen Ergebnis waren wir letzte Woche schon, nur nicht in einer Synagoge, sondern auf einem Berg.

Wir hatten das letzte Woche schon, dass Jesus, anders als die Schriftgelehrten, keine Schlüsse aus Textpassagen schließen muss, aus denen andere Leute vielleicht andere Schlüsse ziehen würden.

Jesu Vollmacht bezüglich des Willens Gottes erkennt man daran, dass er keine Texte vergleichen muss und nicht Geschriebenes analysieren muss.

Weil Jesus Vollmacht hat und weiß, was Gott sagen will, darum braucht er keine Argumente und keine Beweisführungen.

Jesus sagt die Wahrheit, weil er sie kennt, und er gibt den Willen Gottes bekannt, weil der ihm bekannt ist.

Und die Zuhörer merken den Unterschied.

Und jetzt kommt bei Markus aber noch etwas dazu.

Jetzt kommt nämlich noch einer, der die Vollmacht Jesu anerkennt.

23 Und sogleich war in ihrer Synagoge ein Mensch mit einem unreinen Geist; und er schrie auf 

24 und sagte: Was haben wir mit dir zu schaffen, Jesus, Nazarener? Bist du gekommen, uns zu verderben? Ich kenne dich, wer du bist: der Heilige Gottes.

Man beachte bitte, dass dieser Mann nicht krank ist. Der wird uns auch in keiner anderen Hinsicht als „leidend“ beschrieben.

Es geht hier nicht darum, dass Jesus irgendwen heilt, sondern darum, dass der Teufel (vertreten durch einen Dämon) die Vollmacht Jesu anerkennt.

Und zwar ohne dazu aufgefordert zu sein.

Man könnte jetzt meinen, die Vollmacht Jesu sei dadurch bestätigt, dass die Dämonen ihn als den Heiligen Gottes bekennen und ihm die Macht attestieren, die Dämonen verderben zu können.

Aber das ist falsch. Die Vollmacht Jesu und daraus folgend die Vollmacht der Christen wird niemals dadurch dokumentiert, dass der Teufel uns die Vollmacht bescheinigt.

25 Und Jesus bedrohte ihn und sprach: Verstumme und fahre aus von ihm! 

26 Und der unreine Geist zerrte ihn und rief mit lauter Stimme und fuhr von ihm aus.

Die Vollmacht über das Böse wird nur dadurch bewiesen, dass man das Böse besiegt.

27 Und sie entsetzten sich alle, so dass sie sich untereinander befragten und sagten: Was ist dies? Eine neue Lehre mit Vollmacht? Und den unreinen Geistern gebietet er, und sie gehorchen ihm. 

Ich habe schon zu Beginn dieser Serie darauf hingewiesen, dass „Vollmacht“ vor allem ein juristischer Begriff ist. Weniger ein religiöser.

Das Böse besiegen kann nur jemand, der hierarchisch höher steht als das Böse. Der also mehr und höhere Rechte hat als das Böse.

Wenn wir das Böse mit Gewehren und Granaten bekämpfen würden, dann müsste der Sieger nicht hierarchisch höherstehend sein. Dann müsste er nur schneller und besser schießen können als der andere.

Jesus arbeitet aber mit Worten, und auch wir als Christen arbeiten normalerweise mit Worten und hoffentlich nie mit einer Kalaschnikow.

Und mit Worten kann nur der siegen, der hierarchisch höherstehend ist. Befehle erteilen kann nur der hierarchisch höherstehende.

Seine höhere Stellung in der Hierarchie beweist Jesus nicht dadurch, dass er die Honneurs des Teufels entgegennimmt, sondern dadurch, dass er den Teufel in seine Schranken verweist.

Für die Gemeinde als den neuen Körper Jesu stellt sich hier also die Frage nach zwei verschiedenen Vollmachten:

  1. Hat die Gemeinde eine höhere Vollmacht bezüglich des Willens Gottes als die Schriftgelehrten, die den Willen Gottes aus dem Gedruckten heraus erraten mussten, oder ist die Gemeinde heute auf die Möglichkeiten der Schriftgelehrten beschränkt?
  2. Sind die heutigen Christen in der weltweiten Hierarchie höherstehend als der Teufel, oder sind sie niedriger als der Teufel und ihm damit ausgeliefert? Befiehlt der Teufel den Christen, oder befehlen die Christen dem Teufel?

Wenn die Schriftgelehrten das Böse bekämpfen wollten, konnten sie den Menschen umbringen, der dem Bösen dient. Weil er nicht den Aussagen des Geschriebenen entsprach.

Aber die Schriftgelehrten kamen an das Böse selbst nicht ran. Denn sie hatten nur das geschriebene Wort, mit dem man aber keine Vollmacht bekam. Jesus hat darum dem Dämon keine Bibelstellen vorgelesen, weil die Kenntnis von bedrucktem Papier keine Vollmacht verleiht und keinem Mensch irgendein Recht gibt. Bibelkenntnis verleiht keine Rechte. Sie macht klug.

Alte Geschichte

Die Vollmacht, den Willen Gottes zu kennen, gab es schon im Alten Testament. Jeder richtige Prophet hatte diese und konnte darum sagen „so spricht der Herr“. Der Prophet sagte in der Regel nicht „es steht geschrieben“.

Wenn also die heutigen Christen die Vollmacht haben, den Willen Gottes zu erkennen, weil sie direkt von Gott gelehrt sind, dann ist das nur eine Erweiterung der Personengruppe.

Aber die Vollmacht, den Willen Gottes auch gegen den Teufel durchzusetzen, die hatten die Propheten nicht.

Dass die Gläubigen hierarchisch höher stehen als der Teufel und damit die Vollmacht haben, dem Teufel Befehle zu erteilen, das wäre tatsächlich eine Neuerung, die wir dem Sieg Jesu am Kreuz und anschließend an das Kreuz zu verdanken haben.