Vollmachtsrede Nummer 8

Johannes 10,17-18

17 Darum liebt mich der Vater, weil ich mein Leben lasse, um es wiederzunehmen. 

18 Niemand nimmt es von mir, sondern ich lasse es von mir selbst. Ich habe Vollmacht, es zu lassen, und habe Vollmacht, es wiederzunehmen. Dieses Gebot habe ich von meinem Vater empfangen. — 

Das klingt erstmal ein wenig nach einer Bekanntmachung für Grundschüler.

Jesus kann sein Leben opfern, oder er kann es sein lassen.

Und wenn er es geopfert hat, kann er sein Leben wieder zurücknehmen, oder er kann es sein lassen.

Die Botschaft von Vers 18 ist also: Jesus kann machen, was er will.

Irritierend ist dann nur der letzte Satz: „Dieses Gebot habe ich von meinem Vater empfangen.“

Die Freiheit

Wir sind es nicht gewöhnt, die Freiheit als ein Gebot zu verstehen.

Wir neigen dazu, zu sagen: Wenn ein Gebot da ist, dann ist die Freiheit weg.

Stimmt auch.

Außer, wenn das Gebot die Freiheit gebietet.

Und die Freiheit wird hier durch die Vollmacht garantiert.

Das ist auch nötig.

Denn die Beziehung zwischen Gott und Jesus soll ja von Liebe geprägt sein.

Wenn Gott jetzt aber Jesus dazu zwingen würde, sein Leben zu geben, dann wäre das Opfer Jesu ja nichts, wofür Gott ihn lieben könnte.

Jesus hätte dann ja keine andere Wahl gehabt.

Also musste Jesus die Wahl haben, und wenn er dann richtig wählt, dann wird Gott ihn lieben.

Absolutheit

Um nun aber die Wahl haben zu können, muss man die Wahl absolut haben.

Darum bietet Gott Jesus nicht an, er könne wählen.

Sondern er gibt ihm die Vollmacht zum Wählen.

Das heißt, egal was Jesus jetzt wählt, Gott kann es nicht verhindern.

Die Vollmacht gilt also gegenüber Gott.

Die Vollmacht würde aber nicht viel nützen, wenn jemand anders das hintertreiben könnte, was Jesus will.

Der Petrus hat ja schon versucht, die Kreuzigung Jesu zu verhindern.

Dem Teufel hingegen wäre die Kreuzigung recht gewesen, aber die Auferstehung hätte er gerne verhindert.

Eine Vollmacht muss also immer in beide Richtungen sein.

Sonst produziert sie keine Freiheit.

Wenn ich eine Kontovollmacht für das Konto von Tante Gertrud habe, dann funktioniert das nur, wenn Tante Gertrud mir da nicht mehr dazwischen funken kann, und wenn die Bank mir da nicht mehr dazwischenfunken kann.

Und wenn man eine solche Vollmacht hat, also eine absolute Vollmacht, und wenn man diese Freiheit dann richtig benutzt, dann wird Gott einen lieben.

Der Erste und der Zweite

Jesus war der erste mit dieser Vollmacht, sein Leben zu geben, wenn er will, und das neue Leben auszuwählen, wenn er will, und beides konnte niemand verhindern.

Gott nicht, und der Teufel sowieso nicht.

Der zweite, der diese Vollmacht hat, liest gerade diesen Artikel.

Jeder Mensch hat die Vollmacht, Gott sein Leben zu geben.

Gott kann nicht sagen: „Nein, Du bist hässlich, dich will ich nicht.“

Auch der Teufel kann das nicht verhindern.

Und jeder, der das gemacht hat, kann das neue Leben ergreifen. Für sich beanspruchen.

Auch das kann niemand verhindern.

Das ist die neue Freiheit, die mit Jesus, dem ersten, der diese Freiheit hatte, zu uns kam.

Die Israeliten hatten diese Freiheit nicht.

Die mussten zu Gott gehören, ob sie wollten oder nicht.

Die Babylonier hatten die Freiheit auch nicht.

Die konnten nicht zu Gott gehören, ob sie wollten oder nicht.

Zusammenfassung

  1. Jede Vollmacht führt zu Freiheit, denn eine Vollmacht ist eben der Begriff dafür, dass ich machen kann, was ich will.
  2. Freiheit ist ein Gebot. Sie ist keine Option, sie ist nicht abwählbar, sondern sie ist zwingend. Wenn meine Entscheidung nicht in Freiheit gefallen ist, wird Gott mich wegen meiner Entscheidung nicht lieben.
  3. Jeder von uns hat die Vollmacht über sein eigenes Leben. Wir können es Gott geben, was dann niemand verhindern kann, auch Gott nicht. Oder wir können es behalten, und dann kann niemand uns zur Übergabe zwingen.
    1. Ebenso können wir das neue Leben ergreifen, es leben, es umsetzen. Niemand kann unsere Heiligung, unsere Auferstehung und unseren Gewaltverzicht verhindern. Ebenso können wir im alten Stil weitermachen, und weder Gott noch der Teufel noch die Umstände werden uns daran hindern.
  4. Eine theoretische Betrachtung: Für alle Vollmachten, von denen wir in der Bibel lesen, aber auch für alle Vollmachten im richtigen Leben gilt: Sie sind immer Vollmachten in zwei Richtungen: Sie nehmen Gott die Macht, und sie nehmen dem Teufel die Macht. Vollmachten machen immer frei.

Indem Vollmachten unsere Freiheit erhöhen, erhöhen sie aber auch unsere Verantwortung. Wir sind nicht mehr vom Schicksal gebeutelt, sondern wir haben Entscheidungsgewalt. Damit sind wir rechenschaftspflichtig.  

Aber wenn wir richtig entscheiden, wird Gott uns mehr lieben als vorher.