Vollmachtsrede Nummer 15

In Johannes 14 ging es darum, dass wir die Werke Jesu weiterführen sollen, die Jesus selbst nicht weiterführen konnte, weil er ja weggegangen ist.

Und zur Weiterführung von Jesu Werk brauchen wir natürlich die gleiche Kraft, die Jesus hatte. Sonst können wir ja nicht vergleichbare Leistungen erbringen, wenn wir diesbezüglich einzig auf unsere menschlichen Möglichkeiten angewiesen sind.

Und ein Teil dieser göttlichen Kraft besteht darin, dass wir die Vollmacht bekommen, mit Gott so zu reden, als wären wir Jesus.

Also: beten in Jesu Namen.

In Johannes 16 geht es nun darum, dass wir, um in Jesu Namen beten zu können, ja auch wissen müssen, was Jesus denn will.

Ich kann ja auch nicht in Tante Gertruds Namen zur Bank gehen und dort einen Antrag stellen, wenn ich keine Ahnung habe, was Tante Gertrud eigentlich vorhat.

Und bezüglich dieser himmlischen Informationspolitik sagt Jesus Joh 16,25-26

25 Dies habe ich in Bildreden zu euch geredet; es kommt die Stunde, da ich nicht mehr in Bildreden zu euch sprechen, sondern euch offen von dem Vater verkündigen werde. 

26 An jenem Tag werdet ihr bitten in meinem Namen,

Bildreden haben einen Nachteil: Sie sind unendlich auslegbar.

Gleichnisse kann man grenzenlos interpretieren, und selbst wenn Jesus sagt „Lasst die Kinder zu mir kommen, denn ihrer ist das Himmelreich“, dann kann man daraus machen

  • dass Kinderstunde und Kinderbelehrung ungemein wichtig ist
  • dass die Taufe von Unmündigen richtig und wichtig ist
  • dass die Taufe von Unmündigen völlig überflüssig ist, denn diesen gehört der Himmel ja ohnehin schon
  • dass die Lehre Jesu insbesondere für die niedrigen, ungebildeten Schichten der Bevölkerung ist
  • dass Gott ein Auge auf das Wohl der Kinder hat und die Kinder beschützt
  • dass Jesus Erwachsene nicht wichtiger findet als Kinder
  • dass Kinder im Gottesdienst rumlaufen dürfen und lauter krakeelen dürfen als der Prediger
  • dass Jesus sich um die Kinder bemüht, weil er hinterher ja nicht sagen kann: Als Kind warst du für mich unwichtig, aber jetzt bist du 18, jetzt bist du wichtig
  • oder einfach nur, dass Jesus Kinder mag, sie also sympathisch findet.

Vom Gleichnis vom verlorenen Sohn gibt es wahrscheinlich so viele verschiedene Auslegungen wie es Muscheln in der Ostsee gibt.

Man steht also vor dem Problem, je mehr Auslegungen der Gleichnisse man hört oder liest, umso weniger weiß man, was Jesus nun eigentlich will.

Welche Schlussfolgerungen man für das eigene Beten nun daraus ziehen soll.

Und vor allem besteht die Gefahr, dass man sich die Schlussfolgerungen raussucht, die einem selbst am angenehmsten sind.

Man betet also für den Hunger in der Welt und für die Demokratie und dass die eigenen Kinder gesund sind, aber da ist einer in der Gemeinde, der ist so komisch. Irgendwie auch unsympathisch. Hat auch irgendwie einen kleinen Dachschaden. Aber man betet keineswegs darum, dass Gott sich dieses Menschen besonders annimmt und dass Gott einem selbst hilft, diesen Menschen zu lieben, obwohl der so wenig liebenswertes an sich hat.

Man betet dann in seinem eigenen Namen, aber mit dem eigenen Namen kommt man im Himmel nicht weit.

Folgerungen

Deshalb sagt Jesus hier, dass das mit den Bildreden und Gleichnissen ein Ende haben wird.

Solange, wie Jesu Auferstehung noch nicht geschehen war und der Heilige Geist in der jetzigen Form noch nicht vorhanden war, ging es nicht ohne Bildreden.

Denn zum einen fehlte den Aposteln für das Verständnis noch jede Menge Wissen.

Zum anderen konnten die Apostel die Stimme Jesu immer nur als Stimme eines begnadeten Menschen hören. Sie konnten Gottes Stimme nicht direkt hören – außer auf dem Berg der Verklärung – weil ja die umfassende Vergebung und die Kindschaft noch nicht da war.

Aber wenn das Heilswerk Jesu vollendet ist, dann können die Gläubigen die Stimme Gottes direkt hören, dann kann Jesus ihnen ohne Bilder erklären, was Gott hier und jetzt will und denkt.

Und dann können die Gläubigen auch das Richtige beten, so dass Gott ihre Gebete völlig ohne Zweifel erhören wird.